Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beginn der Verletztenrente gem §§ 72 Abs 1 Nr 1, 46 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 7- landwirtschaftlicher Arbeitsunfall einer Jagdpächterin und hauptberuflichen Beamtin. einheitliche Wartezeit gem § 80a Abs 2 SGB 7 idF vom 21.12.2008. unfallbedingte Dienstunfähigkeit. Verletztengeldanspruch dem Grunde nach. Fortzahlung der Dienstbezüge
Leitsatz (amtlich)
1. Durch § 80a Abs 2 SGB 7 wird eine einheitliche Wartezeit von 26 Wochen geregelt.
2. Ist infolge unfallbedingter Arbeits- bzw Dienstunfähigkeit iSv § 45 Abs 1 Nr 1 SGB 7 dem Grunde nach ein Anspruch auf Verletztengeld entstanden, bleibt für die §§ 72 Abs 1 Nr 2, 80a Abs 2 Halbs 2 SGB 7 kein Raum (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 31/11 R = NZS 2012, 909).
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, § 45 Abs. 1 Nr. 1, § 46 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 72 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 80a Abs. 2; SGG § 160 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Beginn einer Verletztenrente.
Die 1956 geborene Klägerin ist hauptberuflich als Beamtin tätig und als Jagdpächterin bei der Beklagten versichert. In dieser Eigenschaft verlor sie am 27. Mai 2017 während des Abendansitzes zur Jagd beim Einstieg von der Leiter in die Kanzel des Hochsitzes das Gleichgewicht, stürzte auf den Boden und zog sich dabei laut D-Arztbericht vom selben Tag eine Calcaneusfraktur rechts zu. Wegen der Fortzahlung ihrer Beamtenbezüge erhielt die Klägerin kein Verletztengeld. Ab dem 8. Januar 2018 attestierte der Unfallchirurg Dr. L. Arbeitsfähigkeit. In seinem Gutachten vom 25. April 2018 stellte er die Diagnosen Calcaneus- und Innenknöchelfraktur rechts sowie knöcherner Ausriss an der dorsalen körperfernen Fibula rechts und bewertete die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom 8. Januar 2018 an mit 30 vom Hundert (vH).
Mit Bescheid vom 26. Juni 2018 erkannte die Beklagte den Unfall vom 27. Mai 2017 mit einem Trümmerbruch des rechten Fersenbeins nebst begleitender Innenknöchelfraktur und knöchernem Abriss am Außenknöchel als Arbeitsunfall an und gewährte der Klägerin ab dem 8. Januar 2018 Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 30 vH in Höhe von 210,89 € monatlich.
Hiergegen erhob die Klägerin am 25. Juli 2018 Widerspruch. Gemäß § 80a Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) werde für Personen, die als landwirtschaftliche Unternehmer pflichtversichert seien, eine Rente für die ersten 26 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 SGB VII ergebenden Zeitpunkt nicht gezahlt. Der Beginn der Wartezeit ergebe sich demnach im Regelfall aus § 46 Abs. 1 SGB VII. Maßgeblich sei danach der Tag, ab dem Arbeitsunfähigkeit festgestellt werde, bzw. derjenige, an dem Heilbehandlungsmaßnahmen beginnen würden. Die durch § 80a Abs. 2 SGB VII normierte Wartezeit gehe der Regelung des § 72 Abs. 3 SGB VII vor, die lediglich eine kraft Satzung mögliche Wartezeit von bis zu 13 Wochen vorsehe. Hier habe vom 27. Mai 2017 an bis zum 8. Januar 2018 Arbeitsunfähigkeit bestanden. Danach sei bis zum 25. November 2017 die Wartezeit von 26 Wochen gelaufen, womit der von der Beklagten ausgewiesene Beginn der Verletztenrente am 8. Januar 2018 unzutreffend sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 80a Abs. 2 SGB VII werde Verletztenrente frühestens nach Ablauf von 26 Wochen nach Eintritt des Versicherungsfalls geleistet. Sofern jedoch Anspruch auf Verletztengeld bestehe, beginne die Rente mit dem Ende des Verletztengeldanspruchs. Aufgrund der vom Dienstherrn während der Dienstunfähigkeit weiter gezahlten Bezüge sei es trotz bestehenden Grundanspruchs wegen § 52 Nr. 1 SGB VII jedoch nicht zur Auszahlung des Verletztengeldes gekommen. Mit dem Wegfall der unfallbedingten Dienstunfähigkeit am 8. Januar 2018 beginne mithin der Anspruch auf Verletztenrente.
Am 30. November 2018 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und an ihrer Ansicht festgehalten.
Mit Bescheid vom 26. April 2019 hat die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 26. Juni 2018 auch eine Peronealsehnenluxation als Unfallfolge festgestellt.
Mit Urteil vom 10. September 2019 hat das SG die Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Die Beklagte habe den Rentenbeginn entsprechend § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu Recht auf den 8. Januar 2018 bestimmt. Denn der in § 80a Abs. 2 SGB VII negativ beschriebene Ausschlussgrund, dass „kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist“, treffe auf die Klägerin nicht zu. Aufgrund des Arbeitsunfalls sei sie für ihr Dienstverhältnis als Beamtin bis zum 7. Januar 2018 dienstunfähig gewesen und habe damit grundsätzlich Anspruch auf Verletztengeld gehabt. Dieses sei nur deshalb nicht zur Auszahlung gelangt, weil di...