Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Angemessenheitsprüfung. kein schlüssiges Konzept. Heizkosten. fehlende Differenzierung nach Wohnstandard und Beheizungsart

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Konzept zu den angemessenen Kosten der Heizung ist unschlüssig, wenn die Grenze im Median aller erhobenen Werte für Wohnungen einfacher, mittlerer und gehobener Ausstattung plus Standardabweichung zur Beachtung eines abweichenden Heizverhaltens des Leistungsempfängers ermittelt wird, da ungünstigere Energiekonzepte im einfachen Wohnungsstandard und erhebliche Abweichungen in den Aufwendungen nach der Beheizungsart dann jedenfalls keine hinreichende Berücksichtigung finden würden.

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2014 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom

- 1. Mai bis 31. Juli 2014 in Höhe von 25,30 EUR monatlich,

- 1. August bis 31. Oktober 2014 in Höhe von 25,90 EUR monatlich

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu ½.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Kosten der Unterkunft und Heizung, betreffend den Leistungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014. Umstritten ist hierbei insbesondere die Anwendbarkeit des nachgebesserten Konzepts für die angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung.

Der am ... 1960 geborene Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seit dem 1. Januar 2005. Er bewohnte seit 2004 eine 2-Raum-Mietwohnung in Ballenstedt mit einer Wohnfläche von 51 m² bei einer Nettokaltmiete iHv 275,00 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten iHv 45,00 EUR und für Heizkosten iHv 90,00 EUR monatlich laut Mietbescheinigung. Die Wohnung werde mit Gasheizung beheizt und mit Warmwasser dezentral versorgt.

Mit seinem Sohn D., geboren am ... 2002, besteht eine sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft. D. wird zeitweise in der Woche, an den Wochenenden und in den Ferien von seinem Vater - dem Kläger - betreut, versorgt und erzogen. Im Jahr 2013 schlossen die Eltern von D. einen gerichtlichen Vergleich, wonach der Kläger sein Umgangsrecht mit D. alle 2 Wochen von sonnabends 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr, einmal wöchentlich 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr, 2 Wochen in den Sommerferien und die Hälfte der Schulferien wahrnehme.

Der Beklagte hatte den Kläger bereits im September 2012 und nochmals im Jahr 2013 auf die seiner Ansicht nach unangemessenen Unterkunftskosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2014 bewilligte der Beklagte auf den Fortzahlungsantrag des Klägers Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014 iHv 719,50 EUR monatlich. Eingeflossen waren Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 258,50 EUR plus 70,00 EUR. Hiergegen wandte sich der Kläger am 19. Mai 2014 mit Widerspruch, der unbegründet blieb.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die Kostensenkungsaufforderung vom 26. September 2012 und die Richtlinie zu den angemessenen Unterkunftskosten.

Der Kläger hat am 13. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er mache ausschließlich weitere Ansprüche bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung geltend. Er rügt, dass ein schlüssiges Konzept für die Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung beim Beklagten nicht vorliege. Das angewandte Konzept begegne ernsthaften Bedenken. Zudem übe der Kläger regelmäßigen Umgang mit seinem minderjährigen Sohn aus. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu übernehmen.

Mit Änderungsbescheid vom 1. April 2015 hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Fortschreibung seiner Richtlinie weitere Leistungen für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober 2014 gewährt. Hierbei hat er nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 265,00 EUR plus 70,00 EUR zugrunde gelegt.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 ein Teilanerkenntnis über die Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 132 EUR für den streitgegenständlichen Zeitraum erklärt, nachdem das nachgebesserte Konzept vom Februar 2020 zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung vorgelegen hat.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2015 und des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 abzuändern und den Beklagte...

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