Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Vergütung von zeitgebundenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bewertungsausschuss. Betriebskostenansatz

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bewertungsausschuss konnte davon absehen, für das Jahr 2007 eine Anpassung des Betriebskostenbetrages einer psychotherapeutischen Praxis vorzunehmen. Er ist im Rahmen seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht nicht gehalten, auf Daten zurückzugreifen, die sich erst im Nachgang aus der Beobachtung des Abrechnungsjahres 2007 ergeben.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.10.2017; Aktenzeichen B 6 KA 32/17 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Honorarbescheid der Beklagten für das 4. Quartal 2007.

Der Kläger ist psychologischer Psychotherapeut und nahm als solcher an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung in Sachsen-Anhalt teil.

Gegen den Honorarbescheid für das 4. Quartal 2007 erhob der Kläger am 25. April 2008 mit der Begründung Widerspruch, die Vorgaben des Bundessozialgerichts sowie die in § 85 Absatz 4 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen seien nicht eingehalten. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte sei sowohl an die Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) sowie die gesetzlichen Bestimmungen gebunden. Auf Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses sei für das 4. Quartal 2007 ein Punktwert von 4,41 Cent ermittelt worden. Die Vorgaben des Bundessozialgerichts seien vollumfänglich eingehalten worden. Ein Anspruch auf 5,11 Cent bestünde auch nach dem Bundessozialgericht nicht. Die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM sei auf Grundlage des § 9 Absatz 4 HVV in der ab dem 1. Quartal 2006 gültigen Fassung entsprechend der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutischer Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten gemäß § 85 Absatz 4a SGB V mit einem Punktwert bis zu 561.150 Punkten pro Quartal und Leistungserbringer.

Mit seiner am 17. November 2008 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Neuermittlung seiner Honoraransprüche weiter. Er verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 9/07 R und den darin enthaltenen Auftrags an den Bewertungsausschuss zur Kostenprüfung ab dem 1. Quartal 2007 und beantragte das Ruhen des Verfahrens. Dies hat das Gericht mit Beschluss vom 19. März 2009 angeordnet. Am 29. November 2012 hat der Kläger das Verfahren wieder aufgenommen und trägt vor, dass der neue Beschluss des Bewertungsausschusses für das Jahr 2007 die ursprünglich ermittelten Kosten einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis mit 40.634,00 Euro nochmals ausdrücklich bestätigt habe. Dem könne jedoch nicht gefolgt werden, da der Bewertungsausschuss für die Ermittlung der Kosten für das Jahr 2007 statistische Daten des Zentralinstituts aus den Jahren 2002 bis 2004 herangezogen habe, wonach die Kosten bei 41.502,00 Euro gelegen hätten. Der Bewertungsausschuss habe jedoch nicht die von ihm tatsächlich ermittelten Kosten herangezogen, sondern die tatsächlich ermittelten Personalkosten durch normative Personalkosten, die deutlich niedriger seien, ersetzt. Darin liege ein Verstoß gegen die Vorgaben des Bundessozialgerichts, das den Auftrag erteilt habe, die normativen Personalkosten zu ermitteln und ggf. anstelle der empirisch ermittelten Personalkosten heranzuziehen, soweit die empirischen Kosten unter den normativen lägen. Zudem habe eine ex-post-Beurteilung zu erfolgen. Das heißt, der Bewertungsausschuss hätte im Rahmen seiner Ermittlungen auf sämtliche empirische Daten zurückgreifen müssen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlagen, um ein verlässliches Kostenbild des Jahres 2007 zu erhalten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Honorarbescheid für das 4. Quartal 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 aufzuheben und die Honoraransprüche des Klägers für das 4. Quartal 2007 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu ermitteln und hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat auf Nachfrage des Gerichts am 9. April 2013 ausgeführt, der Bewertungsausschuss habe in seiner 96. Sitzung am 18. Februar 2005 einen Betriebskostensatz in Höhe von 40.634,00 Euro festgesetzt. Bei dessen Ermittlung habe dieser ausschließlich auf Daten des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung zurückgegriffen. Lediglich die Person...

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