Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarztrecht. Medizinisches Versorgungszentrum. Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Anstellungsgenehmigung für einen Arzt. anzustellender Arzt als beherrschender (Gründer-) Gesellschafter der Träger-GbR des Medizinischen Versorgungszentrums

 

Leitsatz (amtlich)

Ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Trägerschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hat auch dann gemäß § 103 Abs 4a S 1 SGB V einen Anspruch auf die Erteilung der erforderlichen Anstellungsgenehmigung durch die Zulassungsgremien, wenn der Arzt, der auf seine vertragsärztliche Zulassung verzichtet, um in diesem MVZ angestellt ärztlich tätig zu werden, zugleich als (Gründer-)Gesellschafter Anteile an der Träger-GbR des MVZ in beherrschendem Umfang hält.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.01.2022; Aktenzeichen B 6 KA 2/21 R)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung seines Beschlusses vom 07.03.2018 verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung zur Anstellung von Herrn Dr. A. K. sowie Herrn Dr. S. W., beide jeweils in einem Umfang von mehr als 30 Stunden wöchentlich, zu erteilen.

Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. trägt der Beklagte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beigeladenen zu 1. bis 7. selbst.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 120.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Genehmigung der Anstellung ihrer beiden Gesellschafter als angestellte Ärzte ihres Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ).

Die Klägerin nimmt als internistisch-nephrologisch ausgerichtetes MVZ an der vertragsfachärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt teil. Sie war aus einer Gemeinschaftspraxis/Berufsausübungsgemeinschaft hervorgegangen, die seit April 2016 gemeinsam von den Gesellschaftern zu 1. und 2., jeder mit einem vollen Versorgungsauftrag, als zugelassene Vertragsärzte fortgeführt worden war.

Als Gesellschafter mit jeweils halbem Anteil hatten die beiden Vertragsärzte die Klägerin gegründet, um das MVZ als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu betreiben (Gesellschaftervertrag vom 07.06.2017). Als Ärztlicher Leiter des MVZ im Sinne der Vorschriften des SGB V war der Gesellschafter zu 1. bestimmt worden. Weiterhin hatten sie u. a. geregelt, dass Beschlüsse der Gesellschaft für ihre Wirksamkeit Einstimmigkeit bedürfen, die Geschäftsführung und rechtsgeschäftliche Vertretung der Gesellschaft nach außen gemeinsam durch alle Gesellschafter erfolgt, jeder Gesellschafter aber zur Erledigung laufender Geschäfte allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist. Jeder Gesellschafter ist bezüglich der Bankkonten zeichnungsbefugt, bei Verfügungen über einen Betrag von mehr als 5.000,00 Euro jedoch verpflichtet, im Innenverhältnis die Zustimmung der anderen Gesellschafter einzuholen. Jeder Gesellschafter ist am Gewinn und Verlust der Gesellschaft zu gleichen Teilen beteiligt und berechtigt, unter Anrechnung auf die Gewinnanteile unter Berücksichtigung der vorhandenen Liquidität vom Gesellschaftskonto monatliche Teilbeträge als Vorabentnahme auf den Gewinn zu entnehmen, über deren Höhe gesondert Beschluss gefasst wird. Die Beiträge zum ärztlichen Versorgungswerk und zur Ärztekammer trägt jeder Gesellschafter selbst. Die GbR stellt das Personal der Klägerin ein, wobei die Arbeitsverträge von allen Gesellschaftern oder nach Zustimmung durch die anderen Gesellschafter von einem alleine unter dem Zusatz "für die Gesellschaft" zu unterschreiben sind. Jedem Gesellschafter steht das alleinige Direktionsrecht gegenüber dem Personal zu; Änderungen oder Kündigungen von Arbeitsverträgen sowie der Personaleinsatz erfolgt im Einvernehmen der Gesellschafter auf der Grundlage der Gesellschaftsbeschlüsse. Überdies hatten sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verpflichtet, durch Abschluss von Anstellungsverträgen im Umfang ihrer jeweiligen Versorgungsverträge sicherzustellen, dass sie Dienstverpflichtete gegenüber der Gesellschaft sind, und einmal abgeschlossene Dienstverträge nur nach vorheriger Zustimmung des anderen Gesellschafters zu kündigen sowie auf ihre Zulassung zu verzichten, um von der Gesellschaft angestellt zu werden. Das Anstellungsverhältnis ende, wenn der Gesellschafter als solcher aus dem MVZ ausscheidet.

Im Folgenden beantragten die Gesellschafter am 30.06.2017 beim Zulassungsausschuss die Zulassung des MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung und diesem zugleich die Genehmigung zu erteilen, sie, also die beiden Gesellschafter, nach Verzicht auf die Zulassung zu Gunsten des MVZ, dort anzustellen. Den Gesellschaftervertrag sowie die jeweiligen Anstellungsverträge vom 07.06.2017 fügten sie bei. Letztere hatten jeweils der betroffene Gesellschafter sowie der jeweils andere Gesellschafter für die Klägerin unterzeichnet. Vereinbart waren eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich, eine monatliche Vergütung von XXXXX Euro nebst Fortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von 12 Wochen im Jahr, ein Anspr...

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