Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Angemessenheit von Kosten der Unterkunft. Bestimmung der Angemessenheitsgrenze. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Ein Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, das nicht auf einen räumlich zusammenhängenden Vergleichsraum abstellt, sondern nach Wohnungsmarkttypen in einem bestimmten Areal differenziert und damit die regionale Verbundenheit zugunsten einer relativen Ähnlichkeit der einbezogenen Räume aufgibt, so dass nicht auf einen homogenen Lebens- und Wohnbereich abgestellt wird, stellt kein schlüssiges Konzept dar und bietet deshalb keine Grundlage für die Angemessenheitsprüfung.
2. Fehlt es an einem schlüssigen Konzept zur abstrakten Angemessenheitsbestimmung von Unterkunftskosten, ist zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze auf § 12 Wohngeldgesetz (juris: WoGG) zurückzugreifen. Dabei ist auf den so ermittelten Grenzwert ein Sicherheitszuschlag von 10 Prozent vorzunehmen.
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide vom 20. Januar 2011 und 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2011 und der Bescheid vom 25. Juni 2011 werden geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 monatlich weitere 91,98 EUR als Bedarfe für Unterkunft zu gewähren. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Bedarfe für Unterkunft im Zeitraum von Februar bis Juli 2011.
Die am ... geborene Klägerin bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem am ... geborenen Sohn, dem Kläger, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten. Sie bewohnen ein Haus zur Miete, wofür monatlich 397,98 EUR Kosten der Unterkunft (299,00 EUR Grundmiete und 98,98 EUR Vorauszahlung auf die Betriebskosten) zu zahlen sind. Außerdem hatten die Kläger im streitigen Zeitraum einen Abschlag auf die Heizkosten von 113,00 EUR monatlich zu zahlen. Die Klägerin ist selbstständig tätig. In der vom Beklagten geforderten Schätzung ihres Gewinns im streitigen Zeitraum gab die Klägerin an, dass dieser in allen Monaten unter 100,00 EUR liegen würde.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 gewährte der Beklagte den Klägern daraufhin vorläufig wegen der Selbstständigkeit der Klägerin Leistungen für Februar bis Juli 2011. Dabei berücksichtigte er lediglich eine Grundmiete von 240,00 EUR und eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 66,00 EUR, weil die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Kläger nicht angemessen seien. Die Heizkosten berücksichtigte er nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung in tatsächlicher Höhe. Mit dem am 21. Februar 2011 eingegangenen Widerspruch machten die Kläger geltend, dass ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft angemessen seien. Mit Änderungsbescheid vom 14. April 2011 änderte der Beklagte die den Klägern für Februar bis Juli 2011 gewährten Leistungen wegen der Erhöhung der Regelleistung und berücksichtigte die Heizkosten nunmehr in tatsächlicher Höhe ohne Abzug für die Kosten der Warmwasserbereitung. Die Grundmiete und die Vorauszahlung für die Betriebskosten berücksichtigte er allerdings weiterhin lediglich in Höhe von 306,00 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2011 wies er den Widerspruch zurück. Nach der Handlungsanweisung des Salzlandkreises seien die Kosten der Unterkunft der Kläger unangemessen. Mit Bescheid vom 25. Juni 2011 gewährte er den Klägern nochmals Leistungen für Juli 2011 in gleicher Höhe wie schon im Änderungsbescheid vom 14. April 2011.
Dagegen haben die Kläger am 20. Juli 2011 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Bescheide vom 20. Januar 2011 und 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2011 und den Bescheid vom 25. Juni 2011 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 monatlich weitere 91,98 EUR als Bedarfe für Unterkunft zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Kläger seien nicht angemessen.
Mit Eingang der Klage haben die Kläger gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der bei der Kammer unter dem Aktenzeichen S 15 AS 2484/11 ER geführt worden ist. Im dortigen Verfahren haben die Beteiligten einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass sich der Beklagte vorläufig verpflichtet hat, den Klägern höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfs an Kosten für Unterkunft von 380,00 EUR für die Zeit vom 20. Juli 2011 bis 31. Januar 2012 zu gewähren.
Am 13. November 2012 haben...