Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme. Ausschluss der Anwesenheit eines Betreuers oder Prozessbevollmächtigen bei einer gutachterlichen Untersuchung. Gefahr von abweichenden Darstellungen oder geändertem Antwortverhalten. Verzerrung des Gutachtenergebnisses durch Anwesenheit Dritter. Leitungsbefugnis des Gerichts
Leitsatz (amtlich)
Das Gericht ist im Rahmen seiner Leitungsbefugnis des Sachverständigen befugt, den Sachverständigen anzuweisen, die Anwesenheit einer Dritten bei der Begutachtung auszuschließen, sofern die begründete Gefahr besteht, dass die Anwesenheit des Dritten den Zweck der Beweiserhebung gefährdet, insbesondere bei einer psychiatrischen Untersuchung der Betroffene Sachverhalte verzerrt, übertrieben oder anders darstellen könnte.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Gesamt-Grades der Behinderung (Gesamt-GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).
Die am … geborene Klägerin beantragte am 6. August 2014 die Feststellung einer Behinderung nach § 69 SGB IX. Sie führte aus, dass sie fast blind sei und unter Gewichtsverlust leide.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens holte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung ärztliche Unterlagen bei der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des … ein.
Nach Einholung einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme stellte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung mit Bescheid vom 26. September 2014 ab dem 6. August 2014 einen GdB von 30 fest.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass die psychiatrischen/psychischen Beeinträchtigungen nicht vollumfänglich erfasst worden seien.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung einen vorläufigen Entlassungsbericht der Rheinhessen-Fachklinik vom 6. November 2014 sowie einen Entlassungsbericht vom 19. November 2014 ein.
Nach Einholung einer erneuten versorgungsmedizinischen Stellungnahme wies das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2015 als unbegründet zurück. Es berücksichtigte dabei eine psychosomatische Erkrankung mit einem GdB von 30. Die psychiatrische Erkrankung sei dabei mit berücksichtigt.
Mit ihrer am 5. März 2015 beim Sozialgericht Speyer eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung wiederholt sie ihre Ausführungen der Widerspruchsbegründung.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 26. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2015 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei ihr einen höheren GdB als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im vorangegangenen Verwaltungsverfahren.
Das Sozialgericht Speyer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 14. April 2015 an das Sozialgericht Mainz verwiesen.
Das Gericht hat Befundberichte der Ärztin für Innere Medizin … vom 14. Oktober 2015 und des Arztes … vom 16. Oktober 2015 eingeholt.
Der versorgungsmedizinische Dienst des Beklagten hat hierzu Stellung genommen.
Das Gericht hat sodann einen Entlassungsbericht der Rheinhessenfachklinik vom 19. November 2014 eingeholt.
Nachdem der versorgungsmedizinische Dienst des Beklagten hierzu Stellung genommen hat, hat das Gericht durch Beweisbeschluss vom 25. Februar 2016 den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie … zum Sachverständigen ernannt.
Durch Schreiben vom 3. Mai 2016 hat die Klägerin dem Sachverständigen mitgeteilt, dass sie auf die Mitnahme einer Vertrauensperson bestehe.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Sachverständige … mitgeteilt, dass er bei der Zulassung von Drittpersonen im Rahmen einer Begutachtung habe feststellen müssen, dass die betroffenen Probanden Sachverhalte verzerrt, übertrieben oder anders dargestellt hätten. Im Rahmen der Exploration würden auch Fragen zu intimen Sachverhalten gestellt, die die Probanden in Anwesenheit Dritter aufgrund von Schamgefühlen anders beantworten würden, als bei einer Begutachtung ohne deren Anwesenheit. Markante Inhalte des Gutachtens würden derart beeinflusst, dass das Gesamtgutachten eine andere Wertigkeit enthalten würde. Sollten sich im Rahmen der Begutachtung Fragen ergeben, die eine Drittperson erforderlich machten, habe er, der Sachverständige, bisher immer mit Zustimmung des Probanden die Drittperson für wenige Minuten hinzugeholt und eine Fremdanamnese erhoben.
Durch Schreiben vom 24. Mai 2015 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, dass im Rahmen der Untersuchung die Anwesenheit einer Begleitperson nicht gestattet werde, da aus medizinischer Sicht ein triftiger Grund für den Ausschluss einer Begleitperson vorliege.
Eine hiergegen gerichtete Beschwer...