Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.06.2022; Aktenzeichen B 1 KR 76/21 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 22.330,55 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Rückforderung von Erstattungsbeträgen nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG).

Die Klägerin zahlte für ihren Geschäftsführer seit dem Jahr 2011 Umlagebeiträge zur U 1 und zur U 2 nach dem AAG (9110,33 € für die Zeit von 2015 bis 4/2019) und machte im genannten Zeitraum insgesamt einen Erstattungsbetrag in Höhe von 31.440,88 € bei der Beklagten geltend.

Mit Schreiben vom 31.1.2019 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer Rückforderung der erbrachten Beträge abzüglich der Umlagebeiträge an. Sie führte aus, dass Geschäftsführer arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer zu werten seien und daher am Umlageverfahren nicht teilnähmen.

Mit Bescheid vom 3.5.2019 forderte die Beklagte von der Klägerin einen Betrag i.H.v. 22.330,55 €.

Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9.7.2019 zurück.

Am 25.7.2019 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim erhoben. Sie wendet sich gegen die Rückforderung und führt zur Begründung aus, dass sie jahrelang am Umlageverfahren für ihren Mitarbeiter teilgenommen habe und sich daher auch darauf habe verlassen können, dass die Teilnahme zu Recht erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 3.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.7.2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheids.

Die Beteiligten sind zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Verfahrensakte verwiesen, welche ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten geltend gemachte Forderung ist § 4 Abs. 2 AAG. Die Krankenkasse hat danach Erstattungsbeträge vom Arbeitgeber insbesondere zurückzufordern, soweit der Arbeitgeber 1. schuldhaft falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat oder 2. Erstattungsbeträge gefordert hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass ein Anspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 oder § 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes oder nach § 18 oder § 20 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes nicht besteht. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass er durch die zu Unrecht gezahlten Beträge nicht mehr bereichert sei. Von der Rückforderung kann abgesehen werden, wenn der zu Unrecht gezahlte Betrag gering ist und der entstehende Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig groß sein würde.

Die Klägerin hat die von der Beklagten erbrachten Erstattungsbeträge zu Unrecht bezogen, weil ihr Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer im Sinne des AAG ist und damit nicht am Umlageverfahren teilnehmen konnte.

Das BSG hat mit Urteil vom 26.9.2017 (B 1 KR 31/16 R - juris Rn. 16) bereits klargestellt, dass sich die Frage, wer Arbeitnehmer im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG ist, nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts bestimmt. Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit mit Urteil vom 21.1.2019 (9 AZB 23/18) die ständige Rechtsprechung bestätigt, nach der die Geschäftsführer einer GmbH keine Arbeitnehmer sind. Dem schließt sich die Kammer an.

Die Klägerin trifft auch zumindest einfache Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Teilnahme ihres Geschäftsführers am Umlageverfahren. Das BSG hat insoweit bereits entschieden, dass der Arbeitgeber, der Leistungen des Aufwendungsausgleichs empfangen hat, sich nicht auf Vertrauensschutz wegen bloß einfacher Fahrlässigkeit oder Gutgläubigkeit berufen kann (BSG vom 31.5.2016 - B 1 KR 17/15 R - juris Rn. 28), zumal die Formulierung "insbesondere" in § 4 Abs. 2 Satz 1 AAG deutlich macht, dass eine Rückforderung nicht nur unter den in Nr. 1 und Nr. 2 genannten Voraussetzungen in Betracht kommt. Angesichts einer viele Jahre zurückreichenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Einstufung von GmbH-Geschäftsführern als Arbeitgeber und nicht Arbeitnehmer (vgl. z.B. BAG vom 20.8.2003 - 4 AZB 79/02 - juris) hätten der Klägerin bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage gewisse Zweifel an ihrer Rechtsauffassung kommen können, welche eine Nachfrage bei der Beklagten erforderlich gemacht hätte.

Vertrauensschutz kommt der Klägerin nicht zu. Aus § 4 Abs. 2 Satz 3 AAG folgt, dass ein Verzicht auf die Rückforderung nur dann zulässig ist, wenn der zu Unrecht gezahlte Betrag gering ist und...

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