Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Grundsicherung für Arbeitsuchende: Voraussetzung der Zuerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung und Mehrausgaben zur Behandlung einer Gesundheitsbeeinträchtigung

 

Orientierungssatz

1. Ein Mehraufwand für kostenaufwendige Ernährung, der zusätzlich zum Regelbetrag im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zu leisten ist, kommt nur in Betracht, wenn aufgrund einer medizinischen Indikation eine besondere Ernährung erfolgen muss, deren Bereitstellung die typischen Ausgaben für eine Vollkost übersteigt. Das ist bei einer Einschränkung der Bauchspeicheldrüsenfunktion nicht anzunehmen, da insoweit die Nahrungsversorgung über eine leichte Vollkost erfolgen kann.

2. Das Erfordernis, bestimmte Waschmittel aufgrund einer Allergie zu nutzen, rechtfertigt regelmäßig noch nicht die Zuerkennung eines Mehrbedarfs zum Regelsatz für einen Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, jedenfalls soweit die Ausgaben für das Waschmittel nicht erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen.

3. Für Heil- und Hilfsmittel, die zur Behandlung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung (hier: Fußpilzinfektion) benötigt werden, kommt die Gewährung eines Mehrbedarfs zum Regelsatz jedenfalls solange nicht in Betracht, wie die Ausgaben für Arzneimittel pro Monat die im Regelbedarf für Gesundheitspflege berücksichtigten Ausgaben nicht übersteigen. Dies gilt erst recht dann, wenn es sich bei der zu behandelnden Gesundheitsbeeinträchtigung um eine häufig vorkommende Erkrankung und insoweit nicht um eine atypische Situation handelt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für den Bewilligungszeitraum Mai bis Oktober 2017 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung

- eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs,

- eines Mehrbedarfs für Waschmittel aufgrund von Allergien

- eines Mehrbedarfs für therapeutisches Rückenschwimmen (Jahreskarte für das ...),

- eines Mehrbedarfs für Desinfektionsmittel aufgrund von Fußpilz,

- eines Mehrbedarfs für Ciclopoli-Lösung zur Behandlung von Fußpilz und

- eines Mehrbedarfs für die Zuzahlung für Fluconazol zur Behandlung von Fußpilz.

Der Kläger steht beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Er erhielt zuletzt bis November 2016 vorläufig Leistungen unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs von monatlich € 40,40 und bis April 2017 unter (vorläufiger) Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Waschmittel von € 10,41 monatlich. Wegen des Bewilligungszeitraums von November 2016 bis April 2017 war vor der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen S 14 AS 551/17 ein Rechtsstreit anhängig (klagabweisendes Urteil vom 15. November 2019).

Mit seinem Weiterbewilligungsantrag vom 4. April 2017 machte der Kläger einen Mehrbedarf für Waschmittel von € 30,90 geltend. Er könne keine Kleider tragen, die mit herkömmlichen Waschmitteln, welche Konservierungs- und Duftstoffe enthalten würden, gewaschen seien. Er wasche seine Kleider seit 1992 mit Waschmitteln ohne Duft- und Konservierungsstoffe. Dasselbe gelte für Entkalkungsmittel. Er verwies auf einen Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 15. November 2011, mit dem ein Sonderbedarf für Waschmittel von monatlich € 9,45 zugesprochen wurde. Preissteigerungen seien zu berücksichtigen. Außerdem machte er einen ernährungsbedingten Mehrbedarf geltend. Er legte eine ärztliche Bescheinigung von Dr. … vom 20. März 2017 vor, wonach der Kläger an einer Fettstoffwechselstörung, einer chronischen Pankreatitis und Hypertonie leide. Er benötige daher eine leichte mediterrane Kost.

Mit Bescheid vom 21. April 2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger für Mai bis Oktober 2017 vorläufig monatlich € 809,76. Dabei erkannte er einen unabweisbaren laufenden Bedarf für Waschmittel in Höhe von € 10,30 monatlich an. Wegen des laufenden Klageverfahrens, in dem der Mehrbedarf für Waschmittel streitig sei, werde der Bedarf bis zur Entscheidung durch das Gericht vorläufig gewährt.

Der Kläger erhob Widerspruch und wandte ein, der Beklagte habe den ernährungsbedingten Mehrbedarf nicht und den Sonderbedarf für Waschmittel nur unter Vorbehalt zugesprochen. Im Übrigen verwies er auf seinen Vortrag im vorangegangenen Verfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies er auf den Vortrag in den anhängigen Klageverfahren S 8 AS 2441/16 (jetzt S 3 AS 2441/16) und S 14 AS 551/17.

Hiergegen richtet sich die am 4. Juli 2017 erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger ausführt, er leide an einer chronischen Pankreatitis, einer chronischen Fettstoffwechselstörung und Hypertonie. Eine falsche Ernährung habe erhebliche Schmerzen zur Folge. Er ernähre sich nach der von seinem Hausarzt empfohlenen LOGI-Diät, die auf überwiegend frische und leichte Kost abziele. Seine Blutwerte hätten sich hierdu...

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