Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenkasse sowohl für eine ambulante als auch stationäre Liposuktion (Fettabsaugung)

 

Orientierungssatz

1. Für eine ambulant durchzuführende Liposuktion - Fettabsaugung - als neue Behandlungsmethode gibt es noch keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB 5. Daher kann sie ambulant zu Lasten der Krankenversicherung nicht durchgeführt werden.

2. Auch für eine stationär durchzuführende Liposuktion hat das Krankenhaus die Standards des § 2 Abs. 1 S. 3 und des § 12 Abs. 1 SGB 5 im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten.

3. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB 5 ein Beratungsverfahren eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Damit unterfällt die Liposuktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB 5.

4. Zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion sind z. Zt. keine dem Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB 5 entsprechenden zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen möglich. Damit kommt auch im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung die Erbringung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Betracht.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch V (SGB V) um die Durchführung einer stationären Liposuktion.

Die am … geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im August 2014 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines fachärztlichen Befundberichtes von Dr. aus sowie eines ärztlichen Attestes von Dr. vom Februar 2014 und der Vorlage einer Empfehlung von der Fachklinik vom Februar 2014 wegen eines Lipödems beider Beine und der Oberarme die Durchführung einer stationären Liposuktion.

Zur Prüfung des Anspruchs beauftragte die Beklagte den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens. Dieser stellte in seinem Gutachten vom August 2014 die Diagnose Lipolymphödemsyndrom Stadium III beidseits. Er führte weiter aus, dass die stationäre Liposuktion eine neue, noch nicht anerkannte Behandlung darstelle und daher im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung nur erbracht werden dürfe, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) zuvor den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet und ggfs. Maßnahmen zur Qualitätssicherung beschlossen habe. Im vorliegenden Fall würden konservative Behandlungsmethoden zur Behandlung des Lipödems, wie manuelle Lymphdrainage, Kompressionen und Bewegungstherapie empfohlen, und im Gegensatz hierzu würden Langzeituntersuchungen zur Liposuktion fehlen, die belegen könnten, dass die Liposuktion eine eigenständige und nachhaltige Therapie zur Behandlung der vorliegenden Krankheit darstelle. Da keine akut lebensbedrohliche notstandsähnliche Situation vorliege, wenn die Behandlungsmethode nicht gewährt werde und im Gegensatz dazu Standardtherapien zur Verfügung stünden, könne die begehrte Leistung nicht empfohlen werden.

Mit Bescheid vom 03.09.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Durchführung der stationären Liposuktion bzw. eine entsprechende Kostenübernahme ab.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte zur Begründung eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie (ohne Datum, Blatt 25 bis 36 der Verwaltungsakte) vor.

Mit einem weiteren Gutachten vom 10.12.2014 bekräftigte der MDK seine bisherigen Feststellungen und führte aus, dass im Leistungsrecht gerade, wenn Richtlinien des GBA zur Ermittlung des allgemein anerkannten Standards der medizinischen Erkenntnisse nicht vorlägen, auch die Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 12 SGB V zu berücksichtigen seien, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen müssten. Hierzu verwies er auf das Bundessozialgerichtsurteil vom 30.06.2009 (Az.: B 1 KR 5/09 R). Außerdem verwies er auf eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 27.04.2012 (L 4 KR 595/11), wonach die stationäre Liposuktion im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung mangels hinreichender wissenschaftlicher Studien derzeit nur im Rahmen einer klinischen Studie in Betracht käme. Auch wenn eine Lipomatose oder ein Lipödem durch reduzierte Kalorienzufuhr nur schwer beeinflussbar sein könne, wäre bei Übergewichtigen trotzdem zunächst das Normalgewicht anzustreben, da dieses einen eigenständigen Risikofaktor für die Progredienz der Erkrankung darstelle. Als konservative Maßnahmen stünden regelmäßige Bewegungstherapie und fettnormalisierte und kalorienreduzierte Kost zur Verfügung. Ergänzend könne eine endokrinologische Untersuchung sowie ein multid...

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