Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitszeitkonten, die als Wertguthabenkonten geführt werden
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB 4 entstehen bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben errechnet wird, die Beitragsansprüche, sobald dieses ausgezahlt ist. Die privilegierenden Regelungen für Arbeitszeitkonten gelten seit 01.01.2009 nur noch für die speziellen Gestaltungsformen von Arbeitszeitkonten in Form sog. Wertguthabenkonten.
2. Entsprechend dem Entstehungsprinzip des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 4 entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen; d. h. mit dem Monat der erbrachten Arbeitsleistung.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Nachzahlung von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge für elf mittlerweile ausgeschiedene Arbeitnehmer der Klägerin.
Die Klägerin, ein Unternehmen der Garten- und Landschaftspflege, führt für ihre Mitarbeiter Arbeitszeitkonten. Die Arbeitnehmer können hierauf geleistete Überstunden ansparen, wenn dann Arbeit ausfällt, wird mit diesem Guthaben ihr Lohn ausgeglichen.
Im September/Oktober 2013 schieden bei der Klägerin elf Arbeitnehmer aus. Die für die Mitarbeiter auf den Arbeitszeitkonten angesparten Überstunden wurden zum Beschäftigungsende im kumuliert, also auf einmal, ausgezahlt. Die Überstunden flossen dabei als laufendes Entgelt in die Lohnabrechnung des Monats September 2013 ein. Dadurch wurde die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung überschritten, so dass die Beitragsberechnung in diesen Fällen auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzt wurde.
Die Beklagte führte für den Prüfzeitraum vom 01.01.2011 bis 31.12.2014 eine Betriebsprüfung durch, am 10.06.2015 fand eine Schlussbesprechung über die durchgeführte Betriebsprüfung statt.
Mit Bescheid vom 10.06.2015 wurde ein Betrag von 2.572,30 € nachgefordert. Dieser setzte sich daraus zusammen, dass für zwei geringfügig beschäftigte Mitarbeiter die pauschalen Beiträge zur Krankenversicherung nicht ermittelt seien, für diverse Aushilfen im Prüfzeitraum die Umlagepflicht zur U 2 nicht berücksichtigt worden sei und für diverse Mitarbeiter im September bzw. Oktober 2013 aufgrund deren Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis das Arbeitszeitkonto aufgelöst worden sei und die bis dahin angesparte Arbeitszeit kumuliert als laufendes Brutto-Entgelt abgerechnet worden sei. Zur Berechnung der Beiträge seien dabei in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung lediglich die monatliche Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt worden. Dadurch sei der die monatliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigende Bruttolohn nicht der Sozialversicherungspflicht unterworfen worden. Die fehlenden Beiträge würden im Rahmen der Betriebsprüfung nachgefordert, da es sich beim Ausgleich zwischen tatsächlich gezahlten und zustehendem höheren Entgelt um Nachzahlungen handele. Dies könne die nachträgliche Zahlung rückwirkend erhöhten Entgelts oder die verspätete Zahlung geschuldeten Entgelts sein. In beiden Fällen unterliege die Nachzahlung der Lohnsteuerpflicht und gehöre zum Arbeitsentgelt. Kumuliert gezahlte Überstundenvergütungen oder auch Auflösungen von Arbeitszeitkonten seien stets steuer- und beitragspflichtiges und aufgrund der Zeitbezogenheit laufendes Arbeitsentgelt. Die Auszahlungen seien stets dem Monat zuzuordnen, in dem sie erarbeitet worden seien. Bei Nachzahlungen könne aus Vereinfachungsgründen die Regelung für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt angewandt werden, dabei sei aber die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze des Nachzahlungszeitraumes zugrunde zu legen. Die Nachzahlung sei dann auch bei der Berechnung der Umlagen U 1 und U 2 zu berücksichtigen. Es sei nicht zulässig, die Nachzahlung nur wegen der verspäteten Abrechnung beitragsfrei zu lassen. Die Beklagte berechnete die anteilige Beitragsbemessungsgrenze für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.09.2013, die durch die Einmalzahlung nicht ausgeschöpft wurde. Aus diesem übersteigenden Betrag rechnete sie noch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und forderte diese mit dem Bescheid nach.
Hiergegen legte die Klägerin am 30.06.2015 Widerspruch ein. Die Sozialversicherungspflicht richte sich nach den Beitragsbemessungsgrenzen, jenseits der Grenzen bestehe keine Abgabepflicht. Für die ausgeschiedenen elf Beschäftigten seien daher nur die Beiträge für das Arbeitseinkommen abgeführt worden, welches unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liege, die überschießende weitere Zahlung aus dem Störfall wirke sich nicht aus. Es handle sich ausschließlich um Schlechtwetterkonten, die bei Bedarf benutzt würden, um saisonbedingte Ausfallstunden aufzufangen, damit den Arbeitnehmer keine finanziellen Nachteile entstünden. Als ...