Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Abwrackprämie als anrechenbares Einkommen bei der Bewilligung von Leistungen des SGB 2
Orientierungssatz
1. Bei der Einkommensanrechnung nach § 11 SGB 2 sind zweckbestimmte Einnahmen nach Abs. 3 Nr. 1 a nicht zu berücksichtigen. Zweckgebunden sind solche Leistungen, die mit einer erkennbaren Zweckrichtung in der Erwartung gezahlt werden, dass sie vom Empfänger tatsächlich für den gedachten Zweck verwendet werden, das die Anrechnung auf den Unterhalt eine Zweckverfehlung darstellen würde.
2. Mit der staatlichen Umwelt- oder Abwrackprämie sollen der Absatz von Pkw‚s zur Abmilderung der Rezession belebt und Verbraucher begünstigt werden, die ein schadstoffarmes Neu-Kfz. erwerben. Die Prämie wird unabhängig von Bedürftigkeit gewährt. Ihr Zweck ist nicht die Verbesserung der Lebens- und Vermögenssituation einzelner Bürger, sondern eine wirtschafts- und umweltpolitische Lenkungsmaßnahme.
3. Infolgedessen ist die Abwrackprämie bei der Bewilligung von Leistungen des SGB 2 als Einkommen nicht zu berücksichtigen.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Änderungsbescheid vom 04.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2009 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellerinnen ab Antragseingang (02.09.2009) vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Außerachtlassung der gewährten Umweltprämie als Einkommen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat den Antragsstellerinnen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerinnen begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung ihrer SGB II- Leistungen ohne Anrechnung der erhaltenen Umweltprämie als Einkommen.
Die Antragstellerinnen leben in einer Bedarfsgemeinschaft und beziehen von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 16.03.2009, bzw. Änderungsbescheid vom 19.03.2009 wurden der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum 01. April 2009 bis 30. September 2009 (endgültig) Leistungen in Höhe von 620,23 € bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 06.06.2009 wurden die Leistungen ab 01.07.2009 um den gesetzlichen Anpassungsbetrag auf 634,23 € erhöht.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 04.08.2009 wurden der Bedarfsgemeinschaft -nunmehr vorläufig- für den Zeitraum August 2009 Leistungen in Höhe von 634,23 € und für den Zeitraum September 2009 Leistungen in Höhe von 217,56 € gewährt.
Hintergrund dessen ist, dass der Antragstellerin zu 1. am 21.07.2009 im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Neuwagens die staatliche Umweltprämie (so gen. Abwrackprämie) in Höhe von 2.500,- € zugeflossen ist und von der Antragsgegnerin ab September 2009 für 6 Monate als Einkommen nach § 11 SGB II angerechnet wurde.
Der Wagen der Marke FIAT hatte einen Kaufpreis von 9.218,49 € zuzüglich MwSt. in Höhe von 1.751,51 €, also insgesamt 10.970,- €.
Mit Schreiben vom 07.08.2009 legten die Antragstellerinnen gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der unter dem 31.08.2009 ablehnend beschieden wurde.
Gegen den Widerspruchsbescheid reichten die Antragstellerinnen unter dem 01.09.2009 Klage ein.
Mit weiterem Bescheid vom 26.08.2009 wurden der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010 -unter Anrechnung der Umweltprämie in Höhe von monatlich 416,67 €- Leistungen in Höhe von 232,99 € monatlich bewilligt.
Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Antragstellerinnen unter dem 15.09.2009 Widerspruch, der bislang nicht beschieden ist.
Mit ihrem bei Gericht am 02.09.2009 eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verfolgen die Antragstellerinnen das Ziel, ihnen ab September vorläufig ungekürzte Leistungen zu gewähren.
Sie sind der Ansicht, dass es sich bei der staatlichen Umweltprämie nicht um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handele, da diese wegen der Koppelung an den Erwerb eines Neuwagens als zweckbestimmt zu werten sei. Die Zahlung dieses Betrages beeinflusse auch die wirtschaftliche Lage nicht so günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt seien, da die Prämie durch Verrechnung auf den Kaufpreis gerade nicht zur freien Verfügung stehe.
Auch sei die Antragstellerin zu 1. dringend auf ein Fahrzeug angewiesen, da der öffentliche Nahverkehr im Bereich ihres ländlich geprägten Wohnortes nur schlecht ausgestaltet sei. Insbesondere für Arztbesuche, die sie aufgrund einer durchgemachten Krebserkrankung in regelmäßigen Abständen durchführen müsse, und für die Ausübung ihrer geringfügigen Beschäftigung, benötige sie daher ein Fahrzeug. Ihr Arbeitsplatz sei 25 km von der Wohnung entfernt. Ihr altes Auto habe derartige Mängel aufgewiesen, dass es für die Antragstellerin nicht mehr nutzbar gewesen sei. So sei bereits im Winter 2008/2009 die komplette Heizungsanlage ausgefallen. Die Mittel für den Kauf des Neuwagens habe sie vollständig von ihrer Mutter als Darlehn erhalten, was sie nunme...