Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Festsetzung des Honoraranspruchs. Bindung an Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgrund eines Job-Sharings. Honorarberichtigung. Angestellte-Ärzte-Richtlinien. keine Unterscheidung nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Besonderheiten einer Vertragsarztpraxis. Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag. Streitwertbemessung im einstweiligen Anordnungsverfahren nach grob geschätzten Zinskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgrund eines so genannten Job-Sharings gebunden. Überschreitet die Abrechnung den festgesetzten Leistungsumfang, so kann eine Honorarberichtigung erfolgen.
2. Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs 9, 101 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 ergangene Angestellte-Ärzte-Richtlinien unterscheidet nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Änderungen der Versorgungslage sind beim Zulassungsausschuss geltend zu machen.
3. Etwaigen Besonderheiten einer Vertragsarztpraxis tragen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung.
4. Der Streitwert in einem einstweiligen Anordnungsverfahren gegen einen Honorarberichtigungsbescheid (hier: 30.080,84 Euro) ist nach den grob geschätzten Zinskosten (10%) für die Dauer von einem Jahr für das Hauptsacheverfahren in erster Instanz zu bemessen.
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15.09.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 3.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Honorarrückforderungsbescheid.
Die Antragstellerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in X. zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 27.05.2003 wurde ihr die Beschäftigung der Frau Dr. med. X. als halbtagsangestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 24.01.2005 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 30.080,84 € zurück. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 zurück. Über die hiergegen am 17.08.2005 erhobene Klage (Az: S 12 KA 637/05) wurde noch nicht entschieden.
Mit Ihrem am 15.09.2005 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid. Sie trägt vor, sie unterhalte in erster Linie eine überwiegend allgemeinärztlich orientierte Praxis und substituiere zusätzlich auch Opiatabhängige. Die Honorierung habe für diese beiden Bereiche nach dem Willen des Gesetzgebers unterschiedlich zu erfolgen. Während die allgemeinen Leistungen gemäß § 85 Abs. 1 SGB V seitens der Krankenkassen durch eine Gesamtvergütung pauschal abgegolten werde, seien die mit der Durchführung der Methadonsubstitution einhergehenden Kosten gemäß § 85 Abs. 2a SGB V gesondert von den Krankenkassen außerhalb dieser zu erstatten. Eine Kompetenz zur Beschränkung im Rahmen der Honorarverteilung bestehe nicht. Folgerichtig sehe auch der Honorarverteilungsmaßstab der Antragsgegnerin einen zusätzlichen Vergütungsanspruch vor und seien diese Leistungen aus der fallzahlabhängigen Quotierung auszunehmen. Aus dem Zulassungsbescheid könne keine gegenteilige Rechtsfolge entnommen werden. Dem Zulassungsbescheid könne nicht entnommen werden, dass nicht beschränkbare Honoraranteile contra legem einer Beschränkung unterzogen werden sollten. Die Beschränkung der Leistungen könne allein auf die Leistungen bezogen werden, die aus dem “Topf" der Gesamtvergütung zu honorieren seien. Die Angestellte-Ärzte-Richtlinien bezögen sich ausdrücklich nur auf Regelungen hinsichtlich der Höhe der Gesamtpunktzahlvolumina und damit auf eine Begrenzung der budgetierten Arztleistungen. Wäre die Antragsgegnerin auf diese Weise vorgegangen, hätte sie das ihr zugestandene Gesamtpunktzahlvolumen nicht überschritten. Ihre damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten belegten die betriebswirtschaftlichen Kurzberichte ihres Steuerberaters für die Monate Januar bis Juni 2005. Allein für die Durchführung der Methadonsubstitution entstünden ihr Kosten von durchschnittlich 5.656,66 € im Monat.
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