Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Festsetzung des Honoraranspruchs. Bindung an Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgrund eines Job-Sharings. Honorarberichtigung. Angestellte-Ärzte-Richtlinien. keine Unterscheidung nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktzahlvolumens. Besonderheiten einer Vertragsarztpraxis. Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist bei der Festsetzung des Honoraranspruchs an eine bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses aufgrund eines sogenannten Job-Sharings gebunden. Überschreitet die Abrechnung den festgesetzten Leistungsumfang, so kann eine Honorarberichtigung erfolgen.
2. Die auf der Grundlage der §§ 95 Abs 9, 101 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 ergangenen Angestellte-Ärzte-Richtlinien unterscheiden nicht nach der Art der Leistung bei der Berechnung des Punktezahlvolumens. Änderungen der Versorgungslage sind beim Zulassungsausschuss geltend zu machen.
3. Etwaigen Besonderheiten einer Vertragsarztpraxis tragen die Angestellte-Ärzte-Richtlinien mit der Möglichkeit einer Erweiterung des Praxisumfanges auf Antrag hinreichend Rechnung.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung einer angestellten Ärztin in Höhe von 30.080,84 € für den Zeitraum 01.07.2003 bis 30.06.2004.
Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Bescheid des Zulassungsausschusses vom 27.05.2003 wurde ihr die Beschäftigung der Frau Dr. med. H. als halbtagsangestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde der Praxisumfang nach den Richtlinien über die Beschäftigung von angestellten Praxisärzten in der Vertragsarztpraxis festgelegt. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 24.01.2005 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 30.080,84 € zurück. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2005 die Klage erhoben.
Ihren am 15.09.2005 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem die Klägerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid begehrte, wies die Kammer mit Beschluss vom 17.10.2005, Az.: S 12 KA 783/05 ER zurück, die hiergegen eingelegte Beschwerde das LSG Hessen mit Beschluss vom 20.12.2005, Az.: L 4 KA 42/05 ER.
Die Klägerin trägt zur Klagebegründung vor, sie unterhalte in erster Linie eine überwiegend allgemeinärztlich orientierte Praxis und substituiere zusätzlich auch Opiatabhängige. Die Honorierung habe für diese beiden Bereiche nach dem Willen des Gesetzgebers unterschiedlich zu erfolgen. Während die allgemeinen Leistungen gemäß § 85 Abs. 1 SGB V seitens der Krankenkassen durch eine Gesamtvergütung pauschal abgegolten werde, seien die mit der Durchführung der Methadonsubstitution einhergehenden Kosten gemäß § 85 Abs. 2a SGB V gesondert von den Krankenkassen außerhalb dieser zu erstatten. Eine Kompetenz zur Beschränkung im Rahmen der Honorarverteilung bestehe nicht. Folgerichtig sehe auch der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagte einen zusätzlichen Vergütungsanspruch vor und seien diese Leistungen aus der fallzahlabhängigen Quotierung auszunehmen. Aus dem Zulassungsbescheid könne keine gegenteilige Rechtsfolge entnommen werden. Dem Zulassungsbescheid könne nicht entnommen werden, dass nicht beschränkbare Honoraranteile contra legem einer Beschränkung unterzogen werden sollten. Die Beschränkung der Leistungen könne allein auf die Leistungen bezogen werden, die aus dem “Topf„ der Gesamtvergütung zu honorieren seien. Die Angestellte-Ärzte-Richtlinien bezögen sich ausdrücklich nur auf Regelungen hinsichtlich der Höhe der Gesamtpunktzahlvolumina und damit auf eine Begrenzung der budgetierten Arztleistungen. Wäre die Beklagte auf diese Weise vorgegangen, hätte sie das ihr zugestandene Gesamtpunktzahlvolumen nicht überschritten. Ihre damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten belegten die betriebswirtschaftlichen Kurzberichte ihres Steuerberaters für die Monate Januar bis Juni 2005. Allein für die Durchführung der Methadonsubstitution entstünden ihr Kosten von durchschnittlich 5.656,66 € im Monat. Dem Beschluss des LSG Hessen könne nicht gefolgt werden, da die Honorare für die Durchführung der Methadonsubstitution grundsätzlich keiner Budgetierung unterlägen. Bei einer Ausweitung der Methadonsubstitution müsse der Umfang der allgemeinärztlichen Tätigkeit nicht verringert werden...