Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragung bei Streitigkeit um Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
Leitsatz (amtlich)
Erfolgt die Erledigung des Rechtsstreites um eine Zulassungsentziehung wegen der Ausübung einer Angestelltentätigkeit (§ 20 Ärzte-ZV) allein deshalb, weil die Vertragsärztin nunmehr das Beschäftigungsverhältnis beendet hat, so wäre es äußerst unbillig, den Berufungsausschuss auch nur mit teilweisen Kosten zu belasten.
Tenor
I. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Sie hat auch die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
II. Der Streitwert wird auf 18.470,--Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen, was hier der Fall ist, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen (vgl. § 161 Abs. 2 VwGO). Das Gericht hat durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden (vgl. § 161 Abs. 1 VwGO).
Nach der am 14. Juni 2006 von der Klägerin und der am 05. Mai 2006 von dem Beklagten bei Gericht eingegangenen Erledigungserklärung ist das Verfahren beendet. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil die Klage ohne Erfolgsaussicht war.
Nach § 20 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) ist für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung steht oder eine Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Entsprechend muss der Vertragsarzt dem Zulassungsantrag eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse unter Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses vorlegen (vgl. § 18 Abs. 2 lit. d Ärzte-ZV). Diese Vorschriften gelten auch für Psychologische Psychotherapeuten (§ 1 Abs. 3 Ärzte-ZV).
Weitere ärztliche Tätigkeitsverhältnissen unterliegen damit Beschränkungen hinsichtlich des zeitlichen Umfangs (quantitative Beschränkungen, vgl. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV) und ihres Inhalts (qualitative Beschränkungen, vgl. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV). Eine Zulassung kann unter der Bedingung erfolgen, dass das Zulassungshindernis beseitigt, also die weitere Tätigkeit aufgegeben oder beschränkt wird (vgl. § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV).
Aus dem in § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV kodifizierten Merkmal des "Zurverfügungstehens in erforderlichem Maße" hat das Bundessozialgericht (BSG) abgeleitet, dass der die Zulassung anstrebende Arzt in dem Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht ganztags, sondern im dort üblichen Umfang für die ambulant zu behandelnden Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung stehen müsse. Das BSG geht nunmehr davon aus, dass die zeitliche Inanspruchnahme des Zulassungsbewerbers durch ein Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich nicht mehr als ein Drittel der üblichen wöchentlichen Arbeitszeit, also ca. 13 Wochenstunden, betragen darf (vgl. BSG, Urt. v. 30.01.2002 -B 6 KA 20/01 R -BSGE 89, 134 = SozR 3-5520 § 20 Nr. 3 = NJW 2002, 3278 = juris Rdnr. 31). Eine hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.09.2002 -1 BvR 1315/02 -, zit. nach BSG, Urt. v. 05.02.2003 -B 6 KA 22/02 R -SozR 4-2500 § 95 Nr 2 = NZS 2004, 219 = juris Rdnr. 29). Diese Rechtsprechung, zunächst im Falle einer Psychologischen Psychotherapeutin ergangen, hat das BSG für eine im Krankenhaus beschäftigte Kinderärztin und Psychotherapeutin (vgl. BSG, Urt. v. 11.09.2002 -B 6 KA 23/01 R -SozR 3-5520 § 20 Nr 4 = juris Rdnr. 19 ff.) und einen Anästhesisten bestätigt(vgl. BSG, Urt. v. 05.02.2003 -B 6 KA 22/02 R -SozR 4-2500 § 95 Nr 2 = NZS 2004, 219 = juris Rdnr. 29 f.).
Die Klägerin war bei dem Verein J. e. V. mit einem Tätigkeitsumfang von 19,25 Wochenstunden beschäftigt. Damit überschritt das Arbeitsverhältnis bereits den quantitativ zulässigen Umfang.
Nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Diese Vorschrift ist vom BSG wiederholt als verfassungsgemäß angesehen worden (vgl. BSG, Urt. v. 15.03.1995 -6 RKa 23/94 -BSGE 76, 59, 63 = SozR 3-5520 § 20 Nr. 1 = NZS 1996, 90 = juris Rdnr. 3136; BSG, Urt. v. 19.03.1997 -6 RKa 39/96 -BSGE 80, 130 = SozR 3-5520 § 20 Nr 2 = MedR 1997, 515 = juris Rdnr. 15; BSG,...