Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum ≪MVZ≫. Erbringung aller ärztlichen Leistungen am Vertragsarztsitz. keine Zulässigkeit von zwei selbständigen Praxen unter dem Dach eines MVZ
Leitsatz (amtlich)
Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) muss am Vertragsarztsitz alle ärztlichen Leistungen erbringen, um fachübergreifend tätig zu sein. Leistungen eines Fachgebiets können nicht ausschließlich in einer Zweigpraxis erbracht werden. Zwei selbständige Praxen unter dem Dach eines MVZ sind nach gegenwärtiger Rechtslage nicht zulässig.
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens, um die vorläufige Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort.
Die Antragstellerin ist als Medizinisches Versorgungszentrum mit Praxissitz in der T Straße, A-Stadt, zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. In ihr waren zunächst ein Facharzt für Nuklearmedizin und ein Facharzt für Radiologie angestellt.
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 30.01.2007 gab dieser dem Antrag der Antragstellerin auf Übernahme gemäß des § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes des Frauenarztes C, C-Stadt, C-Straße, C-Kreis statt. Ferner stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die vertragsärztliche Tätigkeit durch die ab 01.02.2007 in Vollzeit bei der Antragstellerin mit einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 38 Stunden beschäftigte angestellte Frauenärztin D weitergeführt werde. Ferner wurde Frau D mit Wirkung zum 01.02.2007 zur ärztlichen Leiterin des Medizinischen Versorgungszentrum D-Kreis bestellt.
Die Antragstellerin beantragte unter Datum vom 06.03.2007 die Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort mit den Fachgebieten Radiologie und Gynäkologie am Sitz der übernommenen gynäkologischen Praxis. Zur Begründung führte sie aus, die Praxis Dr. C sei mit etwa 1 000 Patienten im Quartal und einer belegärztlichen Tätigkeit an den JB.Kliniken, Krankenhaus C-Stadt, für die bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten in C-Stadt und im X-Land - dem Land des ehemaligen Landkreises Hochtaunus/Usingen mit 7 Städten und Gemeinden und ca. 70 000 Einwohnern - wesentlich und notwendig. Eine Fortführung der Tätigkeit in den Räumen der Praxis würde daher die Versorgung der Versicherten an dem Ort des Praxissitzes verbessern bzw. aufrechterhalten. Neben der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei die belegärztliche bzw. konsiliarische Tätigkeit am Krankenhaus C-Stadt vorgesehen. Ein Verlust des gynäkologischen Angebots an diesem Ort würde nicht nur zu einer Unterversorgung, sondern auch zu einer erheblichen Erschwerung der Erfüllung des Versorgungsauftrages des Krankenhauses als Notfallstandort führen. Durch das Angebot des MVZ werde die Versorgung innerhalb der sprechstundenfreien Zeiten und die gynäkologische Notdienstversorgung sichergestellt. Die Situation im Fachgebiet Radiologie stelle sich im C-Kreis so dar, dass von den sieben im C-Kreis vorhandenen vertragsärztlichen Zulassungen sechs bei der Gemeinschaftspraxis A. und Koll. in A-Stadt und eine in ihrem MVZ betrieben werde. Das gesamte Usinger Land verfüge damit nicht über ein adäquates Angebot der ambulanten radiologischen Versorgung. Langfristig plane sie, in C-Stadt die radiologische Versorgung zu verbessern. Sie wäre auch bereit, ein nuklearmedizinisches Angebot zu etablieren. Die Versorgung in A-Stadt selbst sehe sie als ausreichend an, weshalb durch eine Verlegung des gynäkologischen Sitzes dort nur ein zusätzliches Angebot geschaffen werde. Ergänzend führte sie unter Datum vom 23.03.2007 aus, dass sie ihr Leistungsangebot im Bereich der Gynäkologie am Standort C-Stadt auch auf die ambulante Chemotherapie (Biphosphonatinfusionen, Portpflege etc.) erweitern würde. Niedergelassene Gynäkologen hätten sie darauf aufmerksam gemacht, dass es hierfür einen erheblichen Bedarf, aber im Usinger Land keinerlei Angebot gäbe.
Unter Datum vom 12.07.2007 wandte sich die Frauenärztin Frau MN. sowie zwei weitere Frauenärztinnen und ein weiterer Frauenarzt an die Antragsgegnerin. Sie trugen vor, für das MVZ bestehe keine Notwendigkeit. Alle vom MVZ angebotenen Leistungen könnten auch in Zukunft von den niedergelassenen Kollegen erbracht werden. Bedarf bestehe lediglich im Bereich ambulanter gynäkologischer Operationen und Abort-Curettagen. Ein separater gynäkologischer Notdienst sei nicht notwendig. Echte Notfälle seien in der Regel geburtshilflich und müssten wie bisher in A-Stadt betreut werden. Wenn es aus rechtlichen Gründen aber keine Möglichkeit mehr gebe, das MVZ in eine reguläre Praxis eines ambulant tätigen Gynäkologen umzuwandeln, beantragten sie eine Leistungsbegrenzung auf die Tätigkeit, die der Prax...