Entscheidungsstichwort (Thema)

Auszahlung eines Honoraranspruchs bei Mitgliederwechsel einer Gemeinschaftspraxis

 

Orientierungssatz

1. Beim Zahlungsanspruch einer Gemeinschaftspraxis bei Nachvergütung für vergangene Quartale ist die Rechtsprechung des BGH zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft heranzuziehen. Danach erlangt der neu eintretende Gesellschafter dieselben Zugriffsmöglichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen wie der Altgesellschafter. Im Gegenzug tritt er auch in die Verbindlichkeiten ein, die die Gesellschaft begründet hat.

2. Die BGB-Gesellschaft und nicht ihre einzelnen Mitglieder sind Gläubiger der Honorarforderung im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Solange ein Vertragsarzt seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt, sind seine Behandlungen und Abrechnungen solche der Gemeinschaftspraxis.

3. Für die Rechtsinhaberschaft eines Honoraranspruchs bei einer Gemeinschaftspraxis gegenüber der KV ist der Zulassungsstatus maßgeblich, der sich aus den Entscheidungen der Zulassungsgremien ergibt. Bei einer durch Mitgliederwechsel hervorgerufenen Ungewissheit darüber, an wen die Nachvergütung für vergangene Quartale durch die KV auszuzahlen ist, kann diese das Honorar mit befreiender Wirkung hinterlegen.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 09.07.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 217.361,73 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Auszahlung eines Honoraranspruchs in Höhe von 652.085,20 €.

Die Antragstellerin ist eine A., bestehend aus den Fachärzten für Laboratoriumsmedizin Dr. med. B. und Dr. med. C. Die beiden Gesellschafter der Antragstellerin sind Fachärzte für Laboratoriumsmedizin und als solche zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die beiden Gesellschafter der Antragstellerin betrieben zunächst mit Prof. Dr. med. K. D. eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 25.01.2005 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die drei Mitglieder der Gemeinschaftspraxis wegen einer Forderung in Höhe von 2.779.797,78 €. Bei den einzelnen Schuldnern wurden u. a. jeweils die angeblichen Forderungen der Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, bestehend aus den drei Schuldnern, aus kassenärztlichen Leistungen und etwaige zukünftige Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis, so lange, bis die Gläubigeransprüche vollständig befriedigt sind, gepfändet.

Am 22. Februar fasste der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, ausgefertigt am 10.05.2005, den Beschluss, wonach er feststellte, dass die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit im Vertragsarztsitz A-Stadt, A-Straße, seit 09.02.2005 von den Laborärzten Dres. med. H. B. und C. weitergeführt wird (Abgang: Prof. Dr. med. E..).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 09.06.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin GbR, A-Straße, A-Stadt, bestehend aus den Gesellschaftern 1. Dr. med. C und 2. Dr. med. B. eröffnet.

Die Antragstellerin wurde 2005 in das Partnerschaftsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter dem Namen “Medizinisches Versorgungszentrum A-Stadt Dr. med. H. B., Arzt für Laboratoriumsmedizin, Transfusionsmedizin; Dr. med. C., Arzt für Laboratoriumsmedizin - Partnerschaftsgesellschaft„ mit dem Gegenstand “Betrieb einer laborärztlichen Gemeinschaftspraxis„ eingetragen. Am --.--.2005 wurde der Gegenstand geändert in: “Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums, der unter die aufschiebende Bedingung des Vorliegens der erforderlichen berufs- und kassenarztrechtlichen Genehmigung gestellt wird. Bis zum Zeitpunkt des Vorliegens der vorgenannten Genehmigungen betreibt die Partnerschaftsgesellschaft die bisherige Praxis.„ Am --.--.2005 wurde der Name geändert in “A. Dr. med. H. B. Dr. med. C.„. Mit Beschluss vom 29.11.2005, ausgefertigt am 29.08.2006, erteilte der Zulassungsausschuss den beiden Gesellschaftern der Antragstellerin die Genehmigung, die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV unter der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft zu führen.

Mit Honorarbescheid vom 21.01.2007 setzte die Beklagte das Nettohonorar für das Quartal I/06 auf 853.296,68 € fest. In der Rubrik “Arztname„ wird angegeben “GP B., C.„.

Am 09.07.2007 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie trägt vor, aufgrund ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit habe sie Honoraransprüche gegen die Antragsgegnerin erwirtschaftet. Mit Erlass des Honorarbescheides habe sie einen fälligen Honoraranspruch. Aus den Kontoauszügen für die Quartale I/06 und II/06 ergebe sich, dass die letzten Teilzahlungen lediglich für die Monate Januar bis März 2006 in Höhe von jeweils 86.000,00 € erfolgt seien. Dem stehe jedoch für das Quartal I/06 der Honoraranspruch in Höhe von 879.388,25 € gegenüber. Die Antragstelle...

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