Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Teilnahme eines Medizinischen Versorgungszentrums an Erweiterter Honorarverteilung

 

Orientierungssatz

Die Teilnahme eines Medizinischen Versorgungszentrums an der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Weise, dass es wie die niedergelassenen Vertragsärzte zur Finanzierung der Ansprüche beizutragen hat, ist rechtmäßig.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 80.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.

Der Kläger ist ein medizinisches Versorgungszentrum, das mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31.01.2006 zur vertragsärztlichen Versorgung ab 01.04.2006 zugelassen wurde. Bei ihr sind als angestellte Ärzte der Laborarzt Dr. med. D, der Laborarzt Dr. med. E und der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. GA. LI. in Vollzeit seit 01.04.2006 beschäftigt. Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 06.04.2006 unter Hinweis auf die Genehmigung der Anstellung der genannten Ärzte mit, nach § 3 Abs. 4 der Grundsätze zur Erweiterten Honorarverteilung nähmen die Ärzte an der Erweiterten Honorarverteilung zu gleichen Teilen teil.

Ab dem 15.03.2007 war ferner der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. G. G beschäftigt. Die Anstellung des Dr. G endete am 10.03.2008. An seine Stelle trat Herr Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. rer. nat. F, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Die Anstellung des Herrn Dr. LI. endete zum 31.05.2007, die Anstellung des Dr. G am 10.03.2008.

Der Kläger hat am 30.07.2008 bei dem Sozialgericht Kassel die Klage erhoben. Das Sozialgericht Kassel hat mit Beschluss vom 01.10.2008 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, seine Heranziehung zur Finanzierung der erweiterten Honorarverteilung sei verfassungswidrig und von der Ermächtigungsgrundlage des § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) vom 22.12.1953 nicht mehr gedeckt. Die Vorschrift verstoße gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG. Unabhängig davon gebe § 8 KVHG eine Kompetenz zur Schaffung einer Altersversorgung für angestellte Ärzte. Außerdem verstoße die Vorschrift gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung und das Äquivalenzprinzip. Es sei schon fraglich, ob die auf § 8 KVHG gestützte Erweiterte Honorarverteilung bereits einem Gemeinwohlbedarf darstelle. Die Minderung der Gesamtvergütung und der Vorwegabzug für die Erweiterte Honorarverteilung stellten Eingriffe in die wirtschaftliche Funktionalität und Rentabilität der Tätigkeit des Klägers dar. Diese Eingriffe seien nicht gerechtfertigt. Inhalt und Schranken des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb würden für § 8 KVHG in verfassungswidriger Weise vorgegeben werden. Für die niedergelassenen Ärzte stellten die Versorgungsanwartschaften und Rentenansprüche der Erweiterten Honorarverteilung verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum dar. Das System beruhe darauf, dass die niedergelassenen Ärzte als Äquivalent für die Minderung der Gesamtvergütung und die Duldung des Vorwegabzugs eine eigentumsgeschützte öffentlich-rechtliche Rechtsposition eingeräumt werde. Dieses Gleichgewicht sei bei einem medizinischen Versorgungszentrum nicht gegeben. Es werde zwar zur Erbringung von Leistungen herangezogen, ihm werde aber keine äquivalente Gegenleistung zugewiesen. Die Gegenleistung komme anderen zugute. Daraus folge, dass die von § 8 KVHG vorgenommene Schrankenziehung gegen den Gleichheitssatz verstoße und damit verfassungswidrig sei. Es liege auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Ein medizinisches Versorgungszentrum unterscheide sich in wesentlichen Punkten von niedergelassenen Vertragsärzten. Es sei fachübergreifend aufgestellt, im Besitz einer institutionellen Zulassung und werde unter unternehmerischen und wirtschaftlichen Grundsätzen geführt und beschäftige angestellte Ärzte. Der angestellte Arzt bedürfe im Gegensatz zum niedergelassenen Arzt keiner eigenen Zulassung. Er trage auch nicht das mit einer Niederlassung verbundenen Investitions- und Insolvenzrisiko. Das Recht auf Teilnahme an der Honorarverteilung stehe ausschließlich dem medizinischen Versorgungszentrum zu. Mit diesem Recht sei nach der Ausgestaltung der Erweiterten Honorarverteilung untrennbar die Pflicht des medizinischen Versorgungszentrums zur Duldung der quotenmäßigen Minderung der Gesamtvergütung des Vorwegabzugs für die Erweiterte Honorarverteilung verbunden. Das medizinische Versorgungszentrum könne aber niemals Empfänger dieser Rentenleistungen sein. Es liege eine Differenz von Finanzierungspflichtigem und Leistungsempfänger vor, die mit dem Äquivalentsprinzip nicht mehr in Einklang zu brin...

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