Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. zulässige Anzahl von Assistenten im MVZ. Unzulässigkeit des Erfordernisses einer vorherigen Tätigkeit als Vertragszahnarzt und/oder als Leiter eines MVZ für die Qualifikation als Ausbilder

 

Leitsatz (amtlich)

1. MVZ dürfen für jeden vollen Versorgungsauftrag, den sie zu erfüllen haben, einen Assistenten in Vollzeit beschäftigen (vgl BSG vom 12.2.2020 - B 6 KA 1/19 R = BSGE 130,51 = SozR 4-5525 § 32 Nr 3, RdNr 15 und 25 ff).

2. Assistenten- und Vertreterrichtlinien einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung dürfen auch mit Satzungsqualität die notwendige Qualifikation des Ausbilders nicht von einer vorherigen Tätigkeit als Vertragszahnarzt und/oder Leiter eines MVZ abhängig machen.

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 18.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2020 rechtswidrig war.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage um die Genehmigung der Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) der Klägerin und hierbei insb. um die Frage, ob Satzungsbestimmungen der Beklagten die notwendige Qualifikation des Ausbilders in unzulässiger Weise von einer vorherigen Tätigkeit als Vertragszahnarzt und/oder Leiter eines MVZ abhängig machen.

Die Klägerin ist eine GmbH, die ein zahnärztliches MVZ mit Praxissitz in A-Stadt betreibt. Insgesamt beschäftigt die Klägerin am Standort in der A-Straße regelmäßig um die 25 Zahnärzte und Zahnärztinnen, u. a. auch Herrn Dr. C. Herr Dr. C. ist seit dem Jahre 2010 als Zahnarzt tätig. Er war u. a. als Oberarzt an der Uniklinik Münster tätig. Darauf folgte eine zweijährige Anstellung bei niedergelassenen Zahnärzten. Bei dem von der Klägerin betriebenen MVZ ist er seit dem 01.04.2018 in Vollzeit angestellt.

Die Klägerin beantragte am 20.04.2020 die Genehmigung zur Beschäftigung der Zahnärztin D. ganztags als Vorbereitungsassistentin in ihrem MVZ ab dem 01.06.2020. Die Zuordnung sollte zu ihrem angestellten Zahnarzt Dr: C. erfolgen.

Die Beklagte wies darauf hin, dass der Zahnarzt Dr: C. nicht die Voraussetzung nach ihren Assistentenrichtlinien erfülle. Danach müsse der angestellte Zahnarzt für die Dauer von mindestens einem Jahr der zahnärztliche Leiter eines MVZ oder bereits mindestens ein Jahr in eigener Praxis niedergelassen gewesen sein.

Die Klägerin erwiderte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.04.2020, in Assistentenrichtlinien dürften keine die Berufsausübung einschränkenden Vorgaben gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne jedem in Vollzeit angestellten Zahnarzt ein Vorbereitungsassistent zugeordnet werden.

Über die Frage der Geltung der Assistentenrichtlinien entspann sich ein Schriftwechsel zwischen den Beteiligten.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.06.2020 den Antrag unter Hinweis auf ihre Assistentenrichtlinien ab. Die Assistentenrichtlinien seien gültig. Sie habe diese auf der Grundlage des § 81 SGB V als Satzung geregelt. Selbst wenn es sich um einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG handeln sollte, wäre die Einschränkung mit einer subjektiven Berufswahlregelung vergleichbar. Die Regelung sei notwendig, weil die Vorbereitungszeit auch der Vermittlung von kassenspezifischen Besonderheiten (Wirtschaftlichkeitsgebot, Formularwesen, Teilnahme am Notdienst, Untersuchungsprogramme für präventive Leistungen) diene. Zudem handele es sich bei der Vorgabe um eine beeinflussbare Vorgabe.

Hiergegen legte die Klägerin am 23.06.2020 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie aus, Nr. 2.1.3 der Assistentenrichtlinien sei nichtig. Die Vorschrift verstoße gegen höherrangiges Recht, da weder Gesetz noch Zulassungsverordnung noch der BMV-Z der Beklagten die Kompetenz zur Regelung der inhaltlichen Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit von Vorbereitungsassistenten gebe. Die Zuweisungsvorschrift für eine Satzung beinhalte keine materielle Ermächtigungsnorm. Das Bundessozialgericht habe herausgestellt, dass die Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte keine Ermächtigungsgrundlage beinhalte, die es erlaube, auf untergesetzlicher Ebene Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit von Vorbereitungsassistenten aufzustellen, die über das hinausgingen, was § 32 Zulassungsverordnung selbst vorgebe. Die Zulassungsverordnung sei entsprechend der Auslegung des Bundessozialgerichts lediglich zu entnehmen, dass die Anzahl der einem MVZ zu genehmigenden Vorbereitungsassistenten von der Zahl beschränkt sei auf die Zahl der im MVZ in Vollzeit tätigen Zahnärzte.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2020 den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen hielt sie an ihrer Auffassung fest, sie sei zu den strittigen Regelungen per Satzung berechtigt. In ihren Assistenten- und Vertreterrichtlinien würden inhaltliche Voraussetzungen a...

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