Leitsatz (amtlich)
Das Anknüpfen an frühere Quartale im Rahmen eines sog. Individualbudgets kann nicht indirekt Fallzahlbegrenzungsmaßnahmen fortführen, die auf von mehr als sechs Jahren zurückliegenden Fallzahlen beruhen. Im Rahmen einer Sonderregelung ist die Fallzahlbegrenzung bei Berechnung des Individualbudgets herauszurechnen.
Die Vielzahl verschiedener zulässiger Vergütungsformen und Honorarbegrenzungsmaßnahmen führt dazu, dass allein die Garantie von Mindestpunktwerten eine annähernd gleichmäßige und leistungsproportionale Honorarverteilung nicht mehr gewährleisten kann. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist verpflichtet, bei einem Auseinanderbrechen der durchschnittlichen Nettoerlöse der Fachgruppen von mehr als 15 % steuernd in eine auf einer Fachgruppentopfbildung beruhenden Honorarverteilung einzugreifen (Fortführung von BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 26 = BSGE 83, 1 = NZS 1999, 366 = MedR 2000, 150, juris Rdnr. 17 und BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R - USK 2007-78, juris Rdnr. 20).
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Marburg vom 2.7.2008 - S 12 KA 445/07, das vollständig dokumentiert ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in den sieben Quartalen I/03 bis IV/04 mit Ausnahme des Quartals II/04 sowie um eine Sonderregelung bei der Honorarverteilung für das Quartal I/04.
Der Kläger ist als Neurologe und Psychiater mit Praxissitz in XY-Stadt zur vertragsärztlichen Behandlung seit dem 01.07.1995 zugelassen.
Gegen die Honorarbescheide aller streitbefangenen Quartale legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Für die Quartale I und II/03 nahm die Beklagte eine Neuberechnung für alle Ärzte der Honorargruppe des Klägers vor. Unter Datum vom 16.02.2004 führte sie hierzu aus, aufgrund verschiedener Hinweise in einem Gespräch mit Vertretern der Berufsverbände habe man eine Analyse der Abrechnungsergebnisse vorgenommen. Neben verschiedenen negativen Einflüssen bei der Punktwertermittlung habe man einen Fehler festgestellt. Ab Oktober 2002 habe man die Honoraranteile in % auf der Grundlage entsprechender Quartale des Jahres 2001 festgelegt. Bestandteil dieser Berechnungen für die Honorar(unter)gruppe 2.7 seien auch die Honorare für psychotherapeutische Leistungen, die seit dem Quartal I/00 dem Honoraranteil auf der Basis 1995/96 zugeschlagen worden seien. Die psychotherapeutischen Leistungen seien in der Ausgangsbasis 1995/96 nicht in der damaligen Honorargruppe 2 enthalten gewesen. Im Quartal IV/02 sei die Umstellung korrekt abgelaufen. Durch die Beendigung des Techniker-Vertrages (Einzelleistungsvergütung für bestimmte Leistungen) hätten die mit Beginn des Vertrages bereinigten Ausgangswerte für jede Fachgruppe auf der Grundlage 1995/96 wieder zurückgerechnet werden müssen. Bei dieser Umstellung sei leider der Betrag für psychotherapeutische Leistungen aus dem Quartal I/01 nicht in die Verteilungssumme der Honorar(unter)gruppe 2.7 eingerechnet worden, so dass ein zu geringer Punktwert zur Auszahlung gekommen sei. Die Neuberechnung führte zu Nachvergütungen (Primär-/Ersatzkassen) von 997,03 Euro/606,77 Euro bzw. 937,97 Euro/1.408,31 Euro
In den streitbefangenen Quartalen ergaben sich folgende Abrechnungswerte:
Es folgt eine Tabelle (1), die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Es folgt eine Tabelle (2), die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Bruttohonorar ist das Honorar für Primär- und Ersatzkassen ohne sonstige Kostenträger und vor Abzug von Verwaltungskosten.
Die Beklagte wies mit drei Widerspruchsbescheiden - für die Quartale I und II/03, für die Quartale III/03, IV/03, III/04, IV/04 sowie für das Quartal I/04 - jeweils vom 06.09.2005, alle Widersprüche als unbegründet zurück. Für die streitbefangenen Quartale ergab sich folgender Verfahrensablauf:
Es folgt eine Tabelle (3), die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Es folgt eine Tabelle (4), die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Im Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005 für die Quartale I und II/03 führte die Beklagte aus, Praxisbudgets und Zusatzbudgets seien zu 100 % vergütet worden, ebenso der Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM. Die Maßnahmen nach LZ 504 HVM hätten sich als begünstigend ausgewirkt. Aus dem Grundsatz der angemessenen Vergütung könne der Kläger keinen höheren Honoraranspruch herleiten. Die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung sei mit den Änderungsbescheiden korrigiert worden. Wegen der begrenzten Gesamtvergütung müsse eine Quotierung der Punktwerte erfolgen.
Im Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005 für die Quartale III und IV/03 sowie III und IV/04 erläuterte sie darüber hinaus für das Quartal IV/04 die Honorarbegrenzung nach LZ 506 HVM. Bei einem Individualbudget von 1.438.318,2 Punkten und angeforderten 1.467.084,6 Punkten sei ein Überschreitungsbetrag von 12.551,4 Punkten errechnet worden. Anhaltspunkte für eine Sonderregelung seien nicht ersichtlich. Die Kürzung habe aber nicht zu einer Ä...