Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Gesamtvergütung. Berechtigung zur Abrechnung von Leistungen eines Assistenten. Genehmigungspflicht nach § 32 Abs 2 S 1 Ärzte-ZV. Schätzung des Tätigkeitsumfangs durch die KÄV bei fehlenden Angaben seitens des Vertragsarztes. Sachgerechtigkeit bei Annahme eines Fallzahlanteils von bis zu 25 %. prozentuale Ableitung des Leistungsanteils bei zeitlicher Angabe von halben Tagen. Gleichstellung der Leistungen des Assistenten mit den persönlich erbrachten Leistungen des Vertragsarztes. Wirtschaftlichkeitsprüfung. § 106a Abs 2 S 6 SGB 5 gilt für alle sachlich-rechnerischen Richtigstellungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berechtigung des Vertragsarztes zur Abrechnung der Leistungen seiner Assistenten setzt die formelle Grundlage einer Genehmigung nach § 32 Abs 2 Ärzte-ZV voraus. Eine handschriftliche Anzeige der Beschäftigung eines Assistenten durch den abrechnenden Arzt auf der Sammelerklärung genügt ebenso wenig, wie eine mündliche Unbedenklichkeitsauskunft eines Vertreters der Kassenärztlichen Vereinigung.
2. Macht ein Vertragsarzt zum Umfang der tatsächlichen Beschäftigung seines Assistenten keine Angaben, ist die Kassenärztliche Vereinigung zur Schätzung berechtigt. Hierbei ist es sachgerecht, bei der Beschäftigung eines Entlastungs-, Weiterbildungs- oder Vorbereitungsassistenten einen Fallzahlanteil von bis zu 25 % anzunehmen.
3. Macht der Vertragsarzt zeitliche Angaben über die Beschäftigung des Assistenten im Umfang halber Tage, ist es sachgerecht, wenn die Kassenärztliche Vereinigung diesen Beschäftigungsumfang in Relation zum zeitlichen Gesamtpraxisbetrieb setzt und hieraus einen prozentualen Leistungsanteil des Assistenten ableitet.
Orientierungssatz
1. Die von Assistenten einschließlich Weiterbildungsassistenten erbrachten Leistungen sind den vom Vertragsarzt persönlich erbrachten Leistungen gleichgestellt und werden dementsprechend auch in gleicher Höhe vergütet (vgl etwa BSG vom 17.3.2010 - B 6 KA 13/09 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 51).
2. Nach § 106a Abs 2 S 6 SGB 5 ist bei den Prüfungen von dem durch den Vertragsarzt angeforderten Punktzahlvolumen unabhängig von honorarwirksamen Begrenzungsregelungen auszugehen. Diese Regelung ist keine spezielle Regelung nur für die Plausibilitätsprüfung. Sie gilt für alle sachlich-rechnerischen Richtigstellungen (vgl BSG vom 11.3.2009 - B 6 KA 62/07 R = BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnungen für die drei Quartale II/2003, III/2003 sowie I/2005 in Höhe von insgesamt noch 33.471,84 € netto wegen der Beschäftigung einer Assistentin.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Die Klägerin hatte eine befristete Genehmigung zur Beschäftigung der Frau Dr. C. als Entlastungsassistentin für den Zeitraum 16.04.1999 bis 15.11.1999.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17.12.2003 die Beschäftigung der Frau D. als Weiterbildungsassistentin für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2004, ferner mit Bescheid vom 29.03.2005 die Beschäftigung der Frau Dr. E. als Weiterbildungsassistentin für den Zeitraum 01.04.2005 bis 31.07.2007 halbtags, die zum 31.06.2006 das Weiterbildungsverhältnis bei der Klägerin beendete.
Die Beklagte setzte in den Quartalen I/2002 bis IV/2003 und I/2005 das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid, wogegen die Klägerin jeweils Widerspruch einlegte, wie folgt fest:
|
Quartal |
I/2002 |
II/2002 |
III/2002 |
IV/2002 |
Honorarbescheid vom |
08.09.2002 |
22.10.2002 |
21.01.2003 |
18.07.2003 |
Nettohonorar gesamt in € |
51.135,83 |
47.812,76 |
46.556,59 |
50.579,94 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
50.623,60 |
48.124,19 |
46.474,89 |
49.766,68 |
Fallzahl PK + EK |
1.186 |
1.081 |
1.078 |
1.135 |
|
Quartal |
I/03 |
II/03 |
III/03 |
IV/03 |
Honorarbescheid vom |
19.07.2003 |
25.10.2003 |
16.03.2004 |
17.06.2004 |
Nettohonorar gesamt in € |
50.579,94 |
48.051,52 |
47.976,29 |
50.408,20 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
49.766,68 |
47.629,07 |
47.693,22 |
50.379,10 |
Fallzahl PK + EK |
1.135 |
1.096 |
1.253 |
1.128 |
|
Quartal |
I/05 |
Honorarbescheid vom |
26.07.2005 |
Nettohonorar gesamt in € |
47.967,66 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
47.670,04 |
Fallzahl PK + EK |
1.112 |
Die Beklagte führte für die Quartale II/2002, II/2003 und III/2003 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter dem Datum des 01.11.2005 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 20.12.2005 trug die Klägerin im Rahmen einer Akteneinsicht vor, sie habe seinerzeit einen “nicht genehmigten Assistenten„ beschäftigt. Ihr sei vor Jahren durch die Beklagte mündlich gesagt worden, dass eine schriftliche Genehmigung in diesem Fall nicht zwingend von Nöten sei. Die Klägerin erklärte in einer persönlichen Anhörung am 15.02.2006 erneut, sie habe seinerzeit einen “nicht genehmigten Assistenten„ beschäftigt. D...