Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Plausibilitätsprüfung. Anrechnung von Quartalsziffern auf die einzelnen Tage im Rahmen von Tagesprofilen
Leitsatz (amtlich)
Die Anrechnung von Quartalsziffern wie der Nr 1 (vgl auch SG Gotha vom 26.7.2006 - S 7 KA 2343/04 = juris Rdnr 12; LSG Essen vom 11.2.2004 - L 11 KA 72/03 = juris Rdnr 30) und Nr 15 EBM (juris: EBM-Ä)auf die einzelnen Tage im Rahmen von Tagesprofilen ist unzulässig. Allerdings ist es möglich, diese Leistungen beim erstmaligen Kontakt mit einer Mindestvorgabe anzusetzen, so zB die Nr 1 EBM (juris: EBM-Ä) im gleichen Umfang wie die Konsultationsgebühr.
Tenor
1. Der Bescheid vom 21.04.2006 und der Bescheid vom 13.06.2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2007 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Plausibilitätsprüfung in den 6 Quartalen IV/03 bis I/05 und hierbei um die Festsetzung einer Honorarrückforderung in Höhe von noch 52.791,77 €.
Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in Stadt zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
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Quartal |
IV/03 |
I/04 |
II/04 |
III/04 |
IV/04 |
I/05 |
Honorarbescheid v. |
17.06.2004 |
05.08.2004 |
09.10.2004 |
07.03.2005 |
18.04.2005 |
24.07.2005 |
Nettohonorar gesamt in € |
130.345,01 |
115.612,83 |
119.681,52 |
123.075,12 |
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Bruttohonorar PK + EK in € |
130.683,83 |
117.035,01 |
120.992,55 |
118.730,55 |
123.795,41 |
110.789,98 |
Angefordertes Honorar in € |
165,524,15 |
159.707,03 |
154.182,83 |
158.748,05 |
171.575,55 |
157.270,27 |
Fallzahl PK + EK |
2.960 |
2.784 |
2.751 |
2.864 |
2.773 |
2.819 |
Fallzahl gesamt |
3.017 |
2.827 |
2.794 |
2.920 |
2.810 |
2.856 |
Aufgrund einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale IV/03 bis II/04 lud die Bezirksstelle GD. der Beklagten die Klägerin zu einem kollegialen Gespräch am 22.02.2006. Die Klägerin bat am 20.02.2006 um Verlegung des Termins wegen seit längerem bestehender praxisinterner Schwierigkeiten, was die Beklagte ablehnte.
Mit Bescheid vom 21.04.2006 nahm die Beklagte für die Quartale IV/03 bis II/04 eine Honorarberichtigung vor. Für das Quartal IV/03 setzte sie die Berichtigung auf 10.031,21 €, für das Quartal I/04 auf 7.434,53 € und für das Quartal II/04 auf 4.896,87 € fest. Zur Begründung führte sie aus, im Rahmen der Plausibilitätsprüfung seien tagesbezogene Leistungsprofile für die Praxis der Klägerin erstellt worden. Aus diesen Tagsprofilen habe sich ergeben, dass die Klägerin im Quartal IV/03 an 4 Behandlungstagen mehr als 16 Stunden sowie an 24 Behandlungstage mehr als 12 Stunden tätigt gewesen sei. Ein entsprechender Zeitaufwand habe sich im Quartal I/04 an einem bzw. an 26 Behandlungstagen und im Quartal II/04 an 1 bzw. 20 Behandlungstagen ergeben. Nach der Verfahrensordnung zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen sei ein Aufgreifkriterium gegeben, wenn Ärzte mehr als 16 Stunden durchschnittlich pro Behandlungstag im Quartal für zeitbewertete EBM-Leistungen sowie Leistungen mit Zeitannahmen benötigten. Ein weiteres Aufgreifkriterium sei gegeben, wenn Ärzte mehr als 3 Behandlungstage mit mehr als 12 Stunden bei zeitbewerteten EBM-Leistungen benötigten. Lägen diese Aufgreifkriterien vor, sei eine weiter Prüfung vorzunehmen. Bei den Mindestzeiten aus dem EBM und aus einem vom Vorstand in der Verfahrensordnung ermittelten Zeitrahmen handele es sich um Mindestzeiten. Sie würden zudem lediglich die nicht delegationsfähigen abrechenbaren vertragsärztlichen Leistungen erfassen. Darüber hinaus verlange das Gebot, Leistungen nur dann zu berechnen, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht sei, die volle Konzentration des Vertragsarztes auf die jeweilige Leistung. Auffällig sei z. B. der 11.02.2004. An diesem Tag sei die Nr. 32 EBM (Zeitvorgabe 2 Min.) 93-mal in Ansatz gebracht worden, zusätzlich sei die Nr. 60 EBM (Zeitvorgabe 8 Min.) 30-mal berechnet worden. Am 05.11.2003 sei die Nr. 32 99 mal abgerechnet worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass andere Tätigkeiten wie tägliche Organisation des Praxisablaufes, die Auswertung von Befundunterlagen, Dokumentationen usw., persönliche Bedürfnisse wie Toilettengänge oder Nahrungsaufnahme nicht berücksichtigt würden. Die Berechnung des Honorarberichtigungsbetrages ergebe sich aus Anlage C der Verfahrensordnung. Danach sei die 12 Stunden überschreitende Stundenzahl aufzuaddieren und ins Verhältnis zur Gesamtstundenzahl im Behandlungsquartal zu stellen. Hieraus ergebe sich ein Überschreitungsprozentsatz. Um den so festgestellten Überschreitungsprozentsatz sei die Honoraranforderung (vor Anwendung von Praxisbudget und HVM-Regelung) anteilig zu reduzieren. Bei der Feststellung der Honorarforderung seien Wegegebühren und Kostenerstattungen gem. LG 13 und LG 14 unberücksichtigt zu lassen. Wegen der Vielzahl an Tagen im IV Quartal 2003 mit einer Überschreitung von mehr als 16 Stunden am Behandlungstag werde dem Vorstand die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorgeschlagen...