Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Erweiterte Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Erforderlichkeit eines Antrags bei Fortführung der Praxis und Erreichen des 65. Lebensjahres. keine rückwirkende Bewilligung und gezielte Beratungspflicht. Satzung. Veröffentlichung ua durch Rundschreiben. E-Mail

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) in der ab Mai 2010 gültigen Fassung ist ein Antrag auch dann erforderlich, wenn die Teilnahme bei Fortführung der Praxis und Erreichen des 65. Lebensjahres begehrt wird. Eine rückwirkende Bewilligung ist nicht möglich. Es besteht auch keine gezielte Beratungspflicht der KVH.

2. Schreibt die Satzung einer Kassenärztlichen Vereinigung vor, dass Veröffentlichungen ua durch Rundschreiben zu erfolgen haben, so kann dies auch per E-Mail an alle Mitglieder geschehen (hier offen gelassen).

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung (EHV) auch für den Zeitraum 01.06. bis 30.11.2010.

Der 1941 geborene und jetzt 69-jährige Kläger war seit 1983 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Am 20.01.2009 beantragte er die Teilnahme an der EHV ab 01.07.2009. Mit Schreiben vom 29.05.2009 gab er an, der Verzicht auf seine Vertragsarztzulassung zum 30.06.2009 habe sich wegen fehlender Nachbesetzung nicht realisieren lassen, so dass er seine kassenärztliche Tätigkeit weiterhin ausüben werde. Unter Datum vom 04.11.2010 teilte er der Beklagten unter Bezugnahme auf seinen Antrag vom 16.01.2009 mit, dass er am 31.03.2011 seine kassenärztliche Tätigkeit beende und somit ab 01.04.2011 die Teilnahme an der EHV beantrage. Unter Datum vom 17.11.2010 beantragte er parallel zu seiner kassenärztlichen Tätigkeit die sofortige Teilnahme an der EHV. Er habe erst in den letzten Tagen Kenntnis davon erhalten, dass man parallel zur kassenärztlichen Tätigkeit an der EHV teilnehme könne. Deshalb beantrage er rückwirkend zum frühestmöglichen Zeitpunkt (01.06.2010) ebenfalls die Teilnahme an der EHV.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 22.11.2010 die Teilnahme an der EHV ab 01.12.2010 mit dem Anspruchshöchstsatz von 18%.

Hiergegen legte der Kläger am 16.12.2010 Widerspruch ein. Er wies auf seinen Antrag vom 16.01.2009 hin. Die Übernahme seiner Praxis durch einen Nachfolger habe sich aus nicht von ihm zu verantwortenden Gründen bis jetzt verzögert. Er habe erst im November 2010 von der neuen Möglichkeit, neben der kassenärztlichen Tätigkeit auch die EHV beantragen zu können, Kenntnis erhalten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2011 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der ab Mai 2010 gültigen Satzungsänderung könnten Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten und damit Anspruch auf Teilnahme an der EHV hätten, nunmehr bereits an der EHV teilnehmen und dennoch weiterhin ihre vertragsärztliche Tätigkeit ausüben. Der Kläger sei bis zu seinem Zulassungsverzicht zum 31.03.2011 vertragsärztlich tätig gewesen und nehme zugleich seit dem 01.12.2010 mit dem Anspruchshöchstsatz von 18% an der EHV teil. Ein rückwirkender Teilnahmebeginn ab der Satzungsänderung zum 01.06.2010 sei nicht möglich. Nach § 1 Abs. 3 GEHV sei die Teilnahme zu beantragen. Die Zahlungen begännen vom 1. des auf den Eingang des Antrags folgenden Monats. Der Antrag des Klägers datiere jedoch vom 17.11.2010, so dass er nicht vor dem 01.12.2010 an der EHV habe beteiligt werden können. Den Antrag vom 16.01.2009 habe er mit Schreiben vom 29.05.2009 wieder zurückgezogen, da er mitgeteilt habe, der Verzicht auf die Zulassung zum 30.06.2009 lasse sich wegen fehlender Nachbesetzung nicht realisieren, so dass er seine kassenärztliche Tätigkeit weiterhin ausüben würde. Insofern scheide der damalige Antrag als Anknüpfungspunkt für einen Teilnahmebeginn vor dem 01.12.2010 aus. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass er erst im November von der Satzungsänderung erfahren habe. Die Sonderausgabe von “EHV-aktuell„ sei per E-Mail an die E-Mail-Adresse des Klägers versandt worden. Unabhängig davon sei am 11.05.2010 die Sonderausgabe von “EHV-aktuell„ auf der Homepage der KV Hessen eingestellt worden, so dass er wie alle anderen Vertragsärzte die Möglichkeit gehabt habe, sich zeitnah über die Satzungsänderung zu informieren.

Hiergegen hat der Kläger am 17.05.2011 die Klage erhoben. Er trägt vor, die Beklagte habe seinen Antrag vom 16.01.2009 nicht berücksichtigt. In seinem Schreiben vom 29.05.2010 habe er nicht zum Ausdruck gebracht, dass er an seinem Antrag nicht mehr festhalten werde. Er habe lediglich mitgeteilt, dass sich sein Verzicht auf die Vertragsarztzulassung zum 30.06.2009 nicht realisieren lasse. Damit habe er nur mitgeteilt, dass sich die Übernahme seiner Praxis verzögere....

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