Entscheidungsstichwort (Thema)
Regress wegen fehlerhafter kieferorthopädischer Behandlung
Orientierungssatz
1. Der Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen ist zuständig für die Feststellung des sonstigen Schadens, den der Vertragszahnarzt durch schuldhafte Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten einer Krankenkasse zugefügt hat. Es gilt eine vierjährige Verjährungsfrist. Weil ein Pflichtenverstoß erst am Ende der Behandlung festgestellt werden kann, kann zuvor die Verjährung nicht zu laufen beginnen.
2. Voraussetzung für den Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz eines sonstigen Schadens durch einen Vertragszahnarzt ist die Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, ein hieraus resultierender Schaden sowie ein schuldhaftes Verhalten des Vertragszahnarztes.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung eines Regresses in Höhe von insgesamt 43.379,35 Euro für kieferorthopädische Behandlungen im Zeitraum Oktober 1993 bis Dezember 2004.
Die 1948 geborene und jetzt 59-jährige Klägerin ist als Zahnärztin für Kieferorthopädie seit dem 01.04.1978 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen.
Am 30.06.2003 bat der BKK Landesverband Hessen um Prüfung und ggf. Feststellung eines sonstigen Schadens. Es sei bei Durchsicht der Behandlungsfälle aufgefallen, dass zum einen die Material- und Laborkosten erheblich überschritten worden seien. Darüber hinaus seien Leistungen abgerechnet worden, für die der Klägerin keinerlei Genehmigung vorgelegen habe. Ferner erschienen die Abrechnungen der Bema-Position Ä 1 nicht in jedem Fall gerechtfertigt, da neben einer Sonderleistung eine Abrechnung zusätzlich einer 01 im selben Quartal ausgeschlossen sei. Zu vermuten sei, dass diese Ungereimtheit auch in weiteren Quartalen vorkomme. Beigefügt war dem Schreiben eine Patientenliste mit 27 Namen.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - führte am 18.10.2006 eine Prüfsitzung durch, an der der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilnahm.
Mit Bescheid vom 18.10.2006 setzte der Prüfungsausschuss eine Honorarberichtigung, vorbehaltlich der bei Verbuchung des Bescheides zu berücksichtigenden HVM- und Degressionseinbehalte, in Höhe von insgesamt 46.582,77 € in zehn Behandlungsfällen der BKK Sancura fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.11.2006 und die Beigeladene zu 3) am 11.12.2006 Widerspruch ein.
Zur Begründung trug die Klägerin vor, sie habe alle Leistungen und Diagnosen ausreichend dokumentiert. Dies gelte auch für Befunde bzw. Ausfertigungen. Die Vorschriften der Röntgenverordnung habe sie beachtet. Soweit Röntgenbilder angefertigt worden seien, seien diese im Rahmen der medizinischen Behandlung auch notwendig gewesen. Fest sitzende Apparaturen auf Milchzähnen seien nur in Ausnahmefällen durchgeführt worden. Die medizinische Indikation habe vorgelegen. Im Vorfeld einer Behandlung lasse sich die erforderliche Mitarbeiter und die gute Mundhygiene nicht feststellen. Die Geräte setze sie selbst ein. Lediglich in Fällen, in denen die Patienten trotz mehrfacher Erinnerung nicht in der Praxis erschienen seien, habe sie letztlich die Geräte von Verwandten abholen lassen oder sie per Post verschickt. Nur auf diese Weise habe sie eine weitere Verzögerung bzw. Gefährdung des Behandlungserfolges verhindern können. Auch die Häufigkeit, mit der Apparaturen hergestellt würden, sei ihr nicht anzulasten. Hintergrund sei regelmäßig eine fehlende Mitarbeit bzw. sonstiges Verschulden der Patienten. Gleiches gelte hinsichtlich der teilweise vorgenommenen frühzeitigen Entfernung der fest sitzenden Apparaturen. Die meisten der geprüften Behandlungsfälle stammten aus Anfang der 90er Jahre. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Ferner nahm sie zu den Einzelfällen Stellung.
Die Beigeladene zu 3) wies auf einen unangemessenen hohen Behandlungsaufwand und Zweifel an der Qualität der Behandlung hin.
Der Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen führte am 05.03.2007 eine weitere Prüfsitzung durch, an der wiederum der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilnahm.
Mit Beschluss vom 05.03.2007, ausgefertigt am 20.03. und der Klägerin am 22.03.2007 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin in acht Fällen zurück und gab ihm in zwei Behandlungsfällen teilweise statt. Dem Widerspruch des Beigeladenen zu 3) gab er in einem Fall statt und wies ihn in neun Fällen zurück.
Der Beschwerdeausschuss führte in den Bescheidgründen aus, im Ergebnis habe er festgestellt, dass in Behandlungsfällen wie C. und D. keine komplette Fehlbehandlung, wie vom Prüfungsausschuss angenommen, vorgelegen habe, mit der Folge, dass eine Komplettabsetzung nicht habe aufrecht erhalten werden können. Bei der Patientin E. sei ein sonstiger Schaden festgestellt worden, es habe deshalb eine Komplettabsetzung erfolgen müssen. Die Verjä...