Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Vertragszahnarzt. geringe Fallzahl. Praxisbesonderheit. älterer Patient. erhöhter Behandlungsaufwand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geringere Fallzahlen einer vertragszahnärztlichen Praxis begründen nicht aufgrund eines sog. Durchsanierens eine Praxisbesonderheit im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung.

2. Ältere Patienten bedürfen im konservierend-chirurgischen Bereich nicht schon wegen ihres Alters eines erhöhten Behandlungsaufwands.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den drei Quartalen III und IV/02 sowie IV/03 in Höhe von insgesamt 8.575,46 Euro.

Der Kläger ist seit Januar 1980 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

In den Quartalen III/02 bis IV/03 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal

Fallzahl

Pkte. pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Pkte.

In %

III/2002

VZA*

189

109

32

41,6

VG**

457

77

IV/2002

VZA*

210

120

50

71,4

VG**

544

70

I/2003

VZA**

214

100

20

25,0

VG**

478

80

II/2003

VZA*

216

98

23

30,7

VG**

465

75

III/2003

VZA*

218

103

28

37,3

VG**

474

75

IV/2003

VZA*

240

117

49

72,1

VG**

594

68

Nach einem Antrag der Beigeladenen zu 2) bis 89) für das Quartal III/03 bzw. einem Auswahlverfahren für die übrigen Quartale führte die 4. Kammer des Prüfungsausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der streitbefangenen Quartale durch. Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der er teilnahm.

Mit Bescheid vom 20.01.2005, dem Kläger am 23.03.2005 zugestellt, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 8.824,90 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte auf die streitigen 8.575,46 € reduzierte. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen (vor Berücksichtigung der HVM-Einbehalte) vor:

III/02 um 164,36 €

IV/02 um 4.032,65 €

IV/03 um 4.627,89 €

Im Ergebnis gestand der Prüfungsausschuss dem Kläger für alle streitbefangenen Quartale jeweils den 1,4-fachen Fallwert zu.

Hiergegen legte der Kläger am 18.05.2005 Widerspruch ein, den der Beklagte zunächst mit Beschluss vom 25.05.2005 als unzulässig verwarf. Nach Klageerhebung vor der Kammer (Az.: S 12 KA 1165/05) verpflichtete sich die Beklagte zur Neubescheidung.

Der Beklagte führte eine weitere Prüfsitzung durch, an der der Kläger nicht teilnahm.

Mit Beschluss vom 22.11.2006, ausgefertigt am 23.04.2007 und dem Kläger am 16.04.2007 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte des Klägers legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Im Ergebnis hätten Praxisbesonderheiten sowie Unterschiede in der Praxisstruktur, die geeignet gewesen wären, den ausgewiesenen Mehraufwand in seinem gesamten Umfang zu rechtfertigen, nicht festgestellt werden können. Man habe ferner die Abrechnung mit Blickrichtung auf die gegenüber der Vergleichsgruppe geringere Fallzahl und des daraus sich möglicherweise ergebenden erhöhten Zeitpotenzials für die Versorgung der Patienten beleuchtet. Zu berücksichtigen sei, dass jede zahnärztliche Praxis darauf ausgerichtet sei, eine zügige Therapie durchzuführen. Generell könne das hiermit verbundene Argument einer schnellen Durchsanierung auch nur dann Bedeutung erlangen, sofern ein erhöhter Sanierungsbedarf zu verzeichnen sei. Ein dahingehend großes Ausmaß habe nicht festgestellt werden können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb bei Klinikpatienten ein erhöhter Bedarf vorliegen solle. Ein erhöhter Anteil älterer Patienten se nicht feststellbar gewesen. Aufgrund der flächendeckenden Zahnarztversorgung stelle KX. kein zahnärztlich unterversorgtes Gebiet dar. Fast alle Klinikpatienten verfügten über einen Hauszahnarzt. Eine exemplarische Überprüfung der Behandlungsfälle habe gezeigt, dass der Kläger das Gebot der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht eingehalten habe. Der Beklagte hat dies im Einzelnen ausgeführt. Insoweit wird auf Bl. 5 bis 7 des Widerspruchbescheides Bezug genommen. Kompensatorische Einsparungen im Verhältnis WB-Maßnahmen - Extraktionen seien nicht feststellbar gewesen. Zahnärztliche Leistungen müssten auch indikationsbezogen erfolgen. Auch die Vergleichsgruppe arbeite zahnerhaltend. Er habe eine Kürzung auf den 1,4-fachen Vergleichswert für erfo...

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