Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Abrechnungsprüfung. Absetzung aller vertragszahnärztlich abgerechneter Leistungen bei Verstoß gegen das Splittingverbot. einheitlicher Behandlungsfall. Befugnis auch im Bereich Kieferbruch
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung ist bei einem Verstoß gegen das sog Splittingverbot berechtigt, alle vertrags(zahn)ärztlich abgerechneten Leistungen abzusetzen. Es liegt ein einheitlicher Behandlungsfall bei allen Leistungen einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem MKG-Chirurgen für einen Patienten vor, unabhängig davon, ob sie von der Berufsausübungsgemeinschaft bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder vom MKG-Chirurgen separat bei der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden (vgl SG Marburg vom 2.4.2014 - S 12 KA 609/13).
2. Das sog Splittingverbot gilt auch für die Abrechnung im Bereich Kieferbruch (Teil 2 BEMA). § 9 Abs 1 BMV-Z und § 14 Abs 1 Nr 1 EKV-Z beschränken sich darauf, für die Leistungen nach Teil 1 und 2 bzw Teil 1 BEMA das Quartalsprinzip als Regelfall zu bestimmen. Sie schränken Nr. 4 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA nicht ein.
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der KCH-Abrechnung in neun Behandlungsfällen für das Quartal III/09 und in 37 Behandlungsfällen für das Quartal IV/09 wegen des sog. Splittingverbots in Höhe von insgesamt 3.517,55 Euro und 2.034,37 Euro zusammen von 5.551,92 Euro
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt mit drei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten. Herr Dr. med. Dr. med. dent. A1 ist zudem Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Er ist zugleich zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.
Die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) nahm mit Bescheid vom 24.05.2013 gegenüber Herrn Dr. Dr. A1 eine sachlich-rechnerische Berichtigung für die Quartale III und IV/09 in Höhe von 35.344,76 Euro bzw. 32.302,24 Euro, insgesamt in Höhe von 67.647,00 Euro vor. Sie wies darauf hin, dass das sog. Splittingverbot zum 01.04.2005 in den allgemeinen Bestimmungen des EBM fest verankert worden sei. Sie habe deshalb eine Korrektur in Form der Absetzung aller Leistungen für die entsprechenden Behandlungsfälle, bei denen der Schwerpunkt der Leistungserbringung im Bereich der - vorliegend beklagten - Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZVH) anzunehmen gewesen sei, vorgenommen. Insgesamt seien davon 292 Behandlungsfälle aus der Abrechnung für das Quartal III/09 und 288 Behandlungsfälle für das Quartal IV/09 betroffen. Sie verweise auf die Übersicht der betroffenen Behandlungsfälle sowie die korrigierten Honorarunterlagen, die sie als Anlage beifüge. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 03.06.2013 wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Überprüfung der Unterlagen habe ergeben, dass in verschiedenen Fällen bei ein und demselben Patienten Leistungen sowohl über die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen, der Beklagten, als auch über die Beigeladene abgerechnet worden seien. Es könnten z.B. für einen Patienten, bei dem eine klassische Kariestherapie über die Beklagte abgerechnet worden sei, in demselben Quartal keine kieferchirurgischen Leistungen mit ihr abgerechnet werden. In der Umsetzung des Splittingverbots wäre sie danach berechtigt gewesen, alle Leistungen, bei denen im gleichen Behandlungsfall ebenfalls Leistungen bei der Beklagten abgerechnet worden seien, zu berichtigen. Zu Gunsten des Arztes sei jedoch in Abstimmung mit der Beklagten eine Überprüfung dahingehend vorgenommen worden, ob der Schwerpunkt dieser Behandlungsfälle im vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Bereich liege. Im Quartal III/09 hätten von insgesamt 310 Fällen, bei welchen eine Doppelabrechnung vorgenommen worden sei, der Schwerpunkt in 292 Fällen im Bereich der Beklagten gelegen, im Quartal IV/09 von insgesamt 330 doppelt abgerechneten Fällen in 288 Fällen. Die Aufteilung eines Behandlungsfalles sei auch dann unzulässig, wenn keine Personenidentität zwischen Vertragsarzt und Vertragszahnarzt bestehe und ein Patient sowohl von einem MKG-Chirurgen als auch von einem Zahnarzt behandelt werde. Wäre eine doppelte Abrechnung in diesem Fall zulässig, würde dies uneingeschränkt eine Umgehung des Splittingverbots und damit einen Abrechnungsbetrug von Ärzten und Zahnärzten in Berufsausübungsgemeinschaft ermöglichen. Auch die Tatsache, dass Einzelgebührenordnungspositionen nicht exakt inhaltsgleich sowohl im EBM als auch im BEMA existierten, könne keine Sonderregelung rechtfertigen. Hinsichtlich des Vortrags, bei den streitgegenständlichen Fällen ...