Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Antragsverfahren auf Genehmigung einer Zweigpraxis. vollständige Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen. qualitative bzw quantitative Versorgungsverbesserung
Leitsatz (amtlich)
§ 103 Abs 4a S 1 SGB V steht im Rahmen eines Antragsverfahrens auf Genehmigung einer Zweigpraxis der vollständigen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 24 Abs 3 S 1 ÄrzteBZV (juris: Ärzte-ZV) nicht entgegen (Anschluss an Urteil vom 6.1.2016 - S 16 KA 479/14; aA LSG Darmstadt, Beschluss vom 19.12.2008 - L 4 KA 106/08 ER). Eine rein akademisch herausragende Expertise begründet keine qualitative Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 S 1 ÄrzteBZV. Die Zweigpraxis eines auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin tätigen MVZ in der Metropolregion Frankfurt Rhein Main begründet jedenfalls dann keine quantitative Versorgungsverbesserung, wenn in dieser Zweigpraxis pro Behandlungszyklus lediglich ca 20% der Behandlungstermine stattfinden, 80% aber generell am Hauptsitz des MVZ und wenn dieses MVZ überdies weniger als 40 km von der beabsichtigten Zweigpraxis entfernt liegt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Genehmigung einer Zweigpraxis der Klägerin.
Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum, das seinen Sitz in A-Stadt unterhält und ausschließlich Leistungen auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin erbringt.
Frau Prof. Dr. C, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, betreibt seit Februar 2014 eine Einzelpraxis in B-Stadt, C-Straße. Sie verfügt über die Genehmigung zum Ambulanten Operieren und nimmt an der psychosomatischen Grundversorgung teil. Darüber hinaus ist sie zur Durchführung von Sonographien der Brustdrüse (B-Modus), der Gefäße des weiblichen Genitalsystems (mittels Duplex-Verfahren), zur geburtshilflichen Basisdiagnostik (B-Modus), der weiblichen Genitalorgane (B-Modus), zur weiterführenden Differentialdiagnostik des Feten (B-Modus) sowie zur systematischen Untersuchung der fetalen Morphologie berechtigt. Daneben ist sie seit 2013 als angestellte Ärztin in einem Umfang von 10 Stunden/Woche an dem Standort der Klägerin tätig und Teil der Arbeitsgruppe, die für die Durchführung besonderer Eingriffe nach § 121a SGB gebildet wurde.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben am 12.08.2014 bei der Beklagten die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis am Standort der Einzelpraxis von Frau Prof. Dr. C, also in B-Stadt, C-Straße
Sie führte hierbei aus, die Entfernung zwischen Hauptbetriebsstätte und Zweigpraxis betrage ca. 38 km. Die Zweigpraxis sei von der Hauptbetriebsstätte in ca. 29 Minuten zu erreichen. Die Leistungen in der Zweigpraxis sollten durch Frau Prof. Dr. C und Frau Dr. D erbracht werden. Im klägerischen Kinderwunschzentrum A-Stadt seien 11 Gynäkologen tätig (Stand Oktober 2014). Nach der geplanten Zweigpraxisgründung würde Frau Dr. D einen Teil ihrer Tätigkeit in der Zweigpraxis übernehmen. Die weiteren Ärzte könnten den Betrieb in A-Stadt uneingeschränkt und ohne eine Verschlechterung der Versorgung fortführen.
Die derzeitige Kinderwunschpraxis von Frau Kollegin C sei im Februar 2014 eröffnet worden, nachdem Frau Kollegin C die Zulassung zur Vertragsarztpraxis für Frauenheilkunde mit Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin erhalten habe. Sie habe in der Praxis keine Genehmigung nach § 121a SGB V zur Durchführung von Kinderwunschbehandlungen. In der Praxis berate sie im Wesentlichen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch über Therapieoptionen. Darüber hinaus erfolge vor Ort die gynäkologische Diagnostik zur Eingrenzung der Therapieoptionen und zur Verbesserung der Empfehlung.
Nach der angestrebten Zweigpraxisgründung könne die Versorgung der Kinderwunschpatienten in B-Stadt enger an das klägerische MVZ in A-Stadt angegliedert werden. Hierdurch könnten, soweit keine Genehmigung nach § 121 a SGB V vor Ort nötig sei, über die Beratung hinaus wesentliche Teile der Therapie vor Ort in B-Stadt durchgeführt werden. Lediglich die nur im Rahmen des § 121 a SGB V erlaubten Eingriffe, also vor allem die Eizellpunktion und der Embryotransfer, würden dann im Kinderwunschzentrum in A-Stadt durchgeführt. Hierdurch bekämen die Patienten in Zukunft eine breitere Betreuung vor Ort und aufgrund der engen Anbindung an A-Stadt eine nahtlose komplette Behandlung.
Seit Eröffnung betreue Frau Kollegin C als Ärztin alleine die Patienten in ihrer Praxis. Parallel dazu habe sie einen Arbeitsvertrag mit der Klägerin und besetze dort einen Viertelkassensitz und sei Teil des IVF Teams. In ihrer Tätigkeit als angestellte Ärztin bei der Klägerin und als Mitglied des IVF Teams behandele sie Patienten im Wesentlichen im Rahmen von Eizellpunktionen und Embryotransfers. Wie aufgrund der bisher ungenügenden Kapazität an Kinderwunschbetreuung im Raum B-Stadt zu erwarten gewesen sei, seien die ange...