Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung bzw Nachweis von in Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten nach FRG-Recht
Orientierungssatz
Zur Glaubhaftmachung bzw zum Nachweis von in Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten nach FRG-Recht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) um die ungekürzte Anerkennung der von dem Kläger im Zeitraum vom 05.09.1979 bis 31.10.1993 in Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten
Der 1957 geborene Kläger kam am 21.11.1993 als Aussiedler von Kasachstan nach Deutschland. Mit Bescheid vom 14.02.2001 (Blatt 64-67 Kontenklärungsakte, 2. Teil) nach § 149 Abs. 5 SGB VI stellte die Beklagte die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeit vom 01.01.1973 bis 28.08.1994 als für die Beteiligten verbindlich fest. Dieser Bescheid wurde bindend. Mit Datum vom 21.06.2007 (Blatt 68-71 KA, 2. Teil) und Bescheid vom 21.11.2007 (Blatt 72-74 KA) erfolgte die verbindliche Feststellung der Beitragszeiten bis zum 31.12.2006. Auch diese Bescheide wurden bindend.
Mit Kurzmitteilung des Magistrats der Stadt A-Stadt vom 26.11.2013 (Blatt 2 KA, 3. Teil) beantragte der Kläger die Neubewertung der Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die in Kasachstan zurückgelegten Beitragszeiten; mit vorgelegt wurde eine kasachische Archivbescheinigung, worin die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 05.09.1979 bis 10.11.1993 bezüglich Arbeits-, Urlaubs- und Krankheitstage aufgelistet war (Blatt 6-7 KA, 3. Teil). Mit Bescheid vom 14.01.2014 (Blatt 8 KA, 3. Teil) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 44 Abs. 1 Satz1 SGB X sei eine Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit es sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unwichtig erweise und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien. Bei Erlass des Bescheides vom 14.01.2001 sei weder das Recht unrichtig noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 21.01.2014 Widerspruch (Blatt 10 KA, 3. Teil). Im Widerspruchsverfahren benannte der Kläger Herrn C. und Herrn D. als Zeugen für den Nachweis der von ihm ausgeübten Tätigkeiten. Die schriftlichen Aussagen der genannten Zeugen finden sich auf Blatt 36 und 39 der Kontenklärungsakte, 3. Teil. Vorgelegt wurde das Arbeitsbuch des Klägers für den Zeitraum vom 03.12.1973 bis 10.11.1993 in deutscher Übersetzung aus der russischen Sprache (Blatt 48-49 KA, 3. Teil). Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, bei Erlass des Bescheides vom 14.02.2001 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Der Nachweis einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit könne nur durch solche Versicherungsunterlagen geführt werden, die Aufschluss auch über etwaige Fehlzeiten gäben. Die vorgelegten Bescheinigungen und Arbeitsbücher seien zum Nachweis des Fehlens von Unterbrechungen der Beschäftigung jedoch nicht geeignet.
Am 06.08.2014 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben (Blatt 1 d.A). Zur Begründung trägt er vor, er habe umfassende Auszüge aus sowjetischen Arbeitsbüchern vorgelegt; ehemalige Arbeitskollegen, Bekannte und Verwandte hätten die gleichen Bescheinigungen bei der Rentenversicherung eingereicht (in Hessen, im Saarland und Niedersachsen) und diese Zeiten seien ihnen zu 6/6 bewertet und anerkannt worden (Blatt 11-12 d.A.).
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.01.2014 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die in der Anlage 3 im Rentenbescheid vom 10.06.2014 aufgeführten Beitragszeiten mindestens jedoch für die Zeit vom 05.09.1979 bis 31.10.1993 zu 6/6 zu bewerten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre im Vorverfahren getroffenen Feststellungen und trägt ergänzend vor, ihre Auffassung zu der im Grundsatz zweifelhaften Aussagekraft von angeblich auf den Lohnzahlungslisten beruhenden Arbeitsbescheinigungen aus der ehemaligen Sowjetunion werde durch aktuelle Urteile des Hessischen Landessozialgerichts aus den Jahren 2011 und 2012 erneut bestätigt.
Mit Bescheid vom 11.02.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2016, befristet bis 30.04.2018 (Blatt 41-46 d.A.).
Das Gericht hat die bei der Beklagten geführte Kontenklärungsakte zu dem Rechtsstreit beigezogen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakt...