Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Berücksichtigung von Fremdbeitragszeiten eines Spätaussiedlers. Beweiswert eines in der früheren Sowjetunion erstellten Arbeitsbuchs in Bezug auf Beitragszeiten zur Rentenversicherung
Orientierungssatz
Ein in der früheren Sowjetunion erstelltes Arbeitsbuch und eine entsprechende Arbeitsbescheinigungen sind nicht geeignet, eine unterbrochene rentenrelevante Tätigkeit nachzuweisen, sodass sie bei einem fremdrentenberechtigten Rentenbezieher nicht als Nachweis für vollständig anzuerkennende Beitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung dienen können (Anschluss LSG Darmstadt, Urteil vom 11.11.2003, Az.: L 2 RJ 25/03).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) um die ungekürzte Anerkennung der von der Klägerin in der Zeit vom 06.03.1968 bis 07.01.1993 in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Beitragszeiten.
Die 1949 in C-Stadt/Russland geborene Klägerin kam am 17.02.1993 als anerkannte Spätaussiedlerin im Sinne von § 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) nach Deutschland. Den Eintragungen in ihrem russischen Arbeitsbuch zufolge war die Klägerin in ihrem Herkunftsland u. a. wie folgt beschäftigt:
06.03.1968 bis 29.10.1969 Zuschneiderin in einer Schuhfabrik
29.12.1969 bis 10.01.1972 Zuschneiderin in einer Schuhfabrik
15.11.1972 bis 07.01.1993 Zuschneiderin in einer Schuhfabrik
Am 22.12.1998 erließ die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) einen (bestandskräftigen) Bescheid, durch den die von der Klägerin bis zum 31.12.1991 in ihrem Herkunftsland zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) als lediglich glaubhaft gemachte Beitragszeiten mit Kürzung auf fünf Sechstel in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung übernommen wurden. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Zuschneiderin in einer Schuhfabrik wurde in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI eingestuft. Am 10.02.2005 erließ die Beklagte nach § 149 Abs. 5 SGB VI einen (bestandskräftigen) Bescheid, durch die die von der Klägerin bis zum 07.01.1993 in ihrem Herkunftsland zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) als lediglich glaubhaft gemachte Beitragszeiten mit Kürzung auf fünf Sechstel in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung übernommen wurden. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Zuschneiderin in einer Schuhfabrik wurde in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) eingestuft.
Unter Vorlage einer am 17.01.2011 ausgestellten Archivbescheinigung stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, mit dem sie die ungekürzte Anerkennung der von ihr in dem streitgegenständlichen Zeitraum in ihrem Herkunftsland zurückgelegten Beitragszeiten begehrte.
Durch Bescheid vom 21.03.2011 lehnte die Beklagte diesen Überprüfungsantrag ab. Die vorgelegte Archivbescheinigung stelle nur ein Mittel der Glaubhaftmachung dar. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.04.2011 Widerspruch und begehrte zudem die Einstufung ihrer Tätigkeit als Zuschneiderin in einer Schuhfabrik in die Qualifikationsgruppe 4 nach der Anlage 13 zum SGB VI. Durch Widerspruchsbescheid vom 10.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Tätigkeit der Klägerin als Zuschneiderin in einer Schuhfabrik sei bereits in den Bescheiden vom 22.12.198 und 10.02.2005 in die Qualifikationsgruppe 4 nach der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet worden. Der Widerspruch sei insoweit bereits unzulässig. Im Übrigen seien die in ihrem Herkunftsland zurückgelegten Beschäftigungszeiten von der Klägerin nur glaubhaft gemacht worden. Die vorgelegten Bescheinigungen (Arbeitsbuch, Archivbescheinigung) könnten nicht den Nachweis von Beitragszeiten erbringen.
Am 02.09.2011 hat die Klägerin unter Vertiefung und Ergänzung ihres Vorbringens in dem Verwaltungsverfahren bei dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben.
Er beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2011 zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom 22.12.1998 und 10.02.2005 die in der ehemaligen UdSSR in der Zeit vom 06.03.1968 bis 07.01.1993 zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten der Klägerin als nachgewiesene Zeiten zu sechs Sechsteln vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf ihre Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 10.08.2011 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrig...