Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsvertrag. Ausgleichsregelung zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM-Ä 2005. Berücksichtigung von Besonderheiten für sogenannten junge Praxen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ausgleichregelung in einem Honorarverteilungsvertrag, wonach zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2005 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 erfolgt und in dem Fall, dass der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004) zeigt, zu einer Begrenzung oder Stützung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5% führt, ist jedenfalls als Anfangs- und Erprobungsregelung im Quartal II/05 nicht zu beanstanden.

2. Der Regelungszweck einer solchen Ausgleichregelung, die auf die Fallzahl des Vorjahresquartals beschränkt ist, wird jedoch für sog. junge Praxen in der Aufbauphase nicht erreicht. Abweichend hiervon ist der Stützungsbetrag für sog. junge Praxen aus dem Fallwert des Quartals I/05 und der Fallzahl des aktuellen Abrechnungsquartals zu berechnen, maximal jedoch bis zum Durchschnittshonorar der Fachgruppe (Fortführung von SG Marburg, Urt. 16.01.2008 - S 12 KA 188/07 - ).

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 06.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2007 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag auf Sonderregelung bzgl. der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV für die Quartale II/05 und III/05 neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung bezüglich der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV für die Quartale ab II/05.

Der Kläger ist als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten seit dem 01.10.2004 mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat die Praxis von Frau C übernommen. Die Beklagte hat die fallzahlabhängige Quotierung nach Ziffer 5.2 HVV für die zwölf Quartale 4/0V bis einschließlich III/07 ausgesetzt. Für die Quartale II/05 bis II/06 setzte die Beklagte das Honorar jeweils mit Honorarbescheid fest. Im Einzelnen wird auf folgende Übersicht verwiesen:

Quartal

II/05

III/05

IV/05

I/06

II/06

Honorarbescheid v.

28.06.2006

12.08.2006

28.11.2006

20.01.2007

04.02.2007

Bruttohonorar PK + EK in Euro

31.765,33

31.157,93

39.922,69

45.770,19

42.535,81

Fallzahl PK + EK

1.626

1.649

1.354

1.497

1.878

Ausgleichsregelung in Euro (Anteil in % vom Bruttohonorar)

6.511,52

13.308,82

- 6.086,23

Ziff. 6.3 HVV (RLV)

Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten

1.649.841,5

1.683.637,5

1.385.039,5

1.637.855,0

1.523.180,0

Überschreitung in Punkten (in Relation zum RLV/zur Abrechnung)

770.481,5

798.294,5

658.033,9

835.634,1

504.840,8

Ziff. 7.5 HVV (Ausgleichsregelung)

Bereinigtes Honorar Referenzquartal in Euro

39.587,04

44.314,38

28.817,05

relevante Fallzahl

1.247

1.365

1.626

Fallwert Referenzquartal in Euro

31,7458

32,4647

17,7227

Bereinigter Honoraranspruch aktuell

in Euro

28.817,05

28.933,67

28.424,41

27.193,51

43.527,60

Fallzahl aktuell

1.626

1.632

1.354

1.497

1.878

Fallwert aktuell in Euro

17,7227

17,7290

20,9929

18,1653

23,1776

Auffüllbetrag/Kürzung pro Fall in Euro

5,2217

9,7501

- 3,2408

Grenzbetrag

26,2146

27,9154

 19,9368

(82,6 %)

(86,0 %)

(112,5 %)

Fallwert 95 % in Euro

30,1585

30.8415

18,6088

Differenz Fallwert 95 %/105 % zu aktuellem Fallwert in Euro

9,1656

12,6762

- 4,5688

Ausgleich in Euro

11.429,50

17.302,97

- 7.428,81

Mit Einlegung des Widerspruchs für das Quartal III/05 unter Datum vom 02.02.2006, bei der Beklagten am 03.02. eingegangen, wies der Kläger darauf hin, die Reduzierung seines Honorars ergebe sich insbesondere daraus, dass die Regelung bezüglich der Begrenzung eines Verlustes auf maximal 5% für ihn nicht angewendet werde. Er beantrage daher eine Härtefallentscheidung.

Die Beklagte wies mit Bescheid vom 06.09.2006 den Härtefallantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Ausgangsdaten für die +/- 5%-Ausgleichsregelung könnten bei Veränderungen der Praxiskonstellationen nur insoweit angepasst werden, als entsprechende Daten aus den Quartalen des Jahres 2004 der eigenen Praxis oder einer Vorgängerpraxis vorhanden seien. Da vom Kläger eigene Daten aus den Quartalen II/04 und III/04 nicht vorhanden seien, entfalle für ihn die Teilnahme an der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV. Die Daten der Vorgängerpraxis von Frau C seien für die neue Praxis nicht zugrunde gelegt worden, da diese aufgrund fehlender Vergleichbarkeit nicht repräsentativ seien. Für den Kläger sei bereits begünstigend auf die Einstellung unrepräsentativer Vorgängerdaten verzichtet worden. Im Ergebnis sei damit eine Einstellung gewählt worden, die die G...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge