Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Honorarverteilungsvertrag. Ermächtigung des Vorstands zur Entscheidung über Ausnahmeregelung zur Fallwerthöhe für das Regelleistungsvolumen. Sonderregelung. Regelleistungsvolumen. Fallwert. Nichtberücksichtigung von fachgruppentypischen Leistungen. Grundpauschale
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit Nr 3.4 S 5 Honorarverteilungsvertrag (HVV) iVm Nr 3.4 S 4 HVV der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen den Vorstand im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung zur Höhe des Fallwerts für das Regelleistungsvolumen (RLV) in den Quartalen ab I/09 ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden.
2. Für eine Sonderregelung bzgl des RLV-relevanten Fallwerts sind fachgruppentypische Leistungen (hier: allergologische Leistungen einer Hautärztin), unabhängig davon, in welchem Umfang sie von den einzelnen Mitgliedern der Fachgruppe erbracht werden, nicht zu berücksichtigen (vgl BSG vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R und B 6 KA 20/10 R).
3. Der Fallwert kann auch unter der Grundpauschale liegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Regelleistungsvolumens für die beiden Quartale II und III/09 und hierbei um eine Erhöhung des Fallwerts.
Die Klägerin ist seit 30.04.2002 als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid wie folgt fest:
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Quartal |
II/09 |
III/09 |
Honorarbescheid vom |
11.10.2009 |
23.12.2009 |
Widerspruch eingelegt am |
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Nettohonorar gesamt in € |
49.610,31 |
48.685,08 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
49.181,90 |
48.385,10 |
Fallzahl PK + EK |
1.815 |
1.850 |
Honoraranteile PK + EK |
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Regelleistungsvolumen in € |
28.397,27 |
25.721,21 |
Quotiertes Regelleistungsvolumen in € |
474,43 |
561.52 |
Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in € |
0,00 |
0,00 |
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) |
6.255,88 |
6.097,44 |
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (AMG) |
14.054,34 |
16.005,02 |
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Regelleistungsvolumen |
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RLV-relevante Fallzahl |
1.985 |
1.984 |
Obergrenze in € |
29.853,13 |
27.017,02 |
Angefordert in € |
33.921,67 |
34.080,10 |
Überschreitung in € |
4.068,54 |
7.063,08 |
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.02.2009 und vom 27.05.2009 das Regelleistungsvolumen der Klägerin für das Quartal II/09 und III/09 wie folgt fest:
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Quartal |
RLV-relevante Fallzahl |
Fallwert |
Fallwertab- staffelung |
Altersstruktur- quote |
Aufschlag fachgleiche BAG |
Regelleistungs- volumen |
II/09 |
1.985 |
14,92 € |
1,0000 |
1,0080 |
1 |
29.853,13 € |
III/09 |
1.984 |
13,50 € |
1,0000 |
1,0087 |
1 |
27.017,02 € |
Hiergegen legte die Klägerin am 17.03.2009 und am 05.06.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie verfüge über einen allergologischen Schwerpunkt und habe im Vorjahresquartal II/08 in 312 Fällen die Leistungen nach Nr. 30130 EBM sowie entsprechend die erforderlichen diagnostischen Leistungen erbracht. Der Fallwert in Höhe von 14,92 € sei vollkommen unzureichend, da dieser bereits durch die Grundpauschale nach Nr. 10210, 10211 und 10212 EBM nahezu vollständig konsumiert werde. Gerade bei der Grundpauschale nach Nr. 10212 bei Personen über 60 Jahre reiche der Fallwert noch nicht einmal aus, um die Grundpauschale abzudecken. Auch bei Kindern verblieben lediglich 57 Punkte für die Leistungen außerhalb der Grundpauschale. Damit werde eine Leistungserbringung außerhalb der Grundpauschale nicht mehr vergütet. Berücksichtige man, dass sie im Vorjahresquartal II/08 exemplarisch 85 Fälle behandelt habe, bei denen die Zusatzpauschale Onkologie und die damit einhergehende Leistungen zur Abrechnung gelangt seien, Nr. 10345 EBM, mache dies ein Vergütungsvolumen in Höhe von 45.900 Punkten, mithin 1.606,55 € aus. Diese sowie sämtliche Leistungen, die außerhalb der Grundpauschale und innerhalb des Regelleistungsvolumens erbracht würden, würden bei dem zugrunde gelegten Fallwert nicht mehr vergütet werden. Dies führe letztendlich zu einer Kopfpauschale für jeden Patienten. Die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses würden außer Kraft gesetzt werden. Der allergologische Schwerpunkt werde überhaupt nicht mehr abgebildet. Im Quartal II/08 habe der Fallwert noch 18,26 € betragen. Es sei ein Rückgang von nahezu 20% festzustellen. Es sei keine Kompensation durch extrabudgetäre Leistungen erfolgt. Die niedrige Vergütung betreffe das gesamte Leistungsangebot. Ausweislich ihrer Abrechnungsdaten sei von einer Fallzahl von 2.044 auszugehen.
Die Klägerin beantragte ferner unter Datum vom 17.03.2009 eine Sonderregelung wegen des allergologischen Schwerpunktes. Auch sah die Beklagte die Widersprüche zugleich als Antrag auf Sonderregelung bzgl. des Regelleistungsvolumens an.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 21.10.2009 die Anträge auf Änderung des Regelleistungsvolumens für die Quartale II und III/09 ab. Nach dem Honorarvertrag ergebe sich eine Praxisbesonderheit aus einem besonder...