Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung. Plausibilitätsprüfung. Zulässigkeit von Tagesprofilen. keine Beanstandung einer Prüfzeit im Tagesprofil von zehn Minuten. keine ordnungsgemäße Leistungserbringung bei Tagesprofilen von über 16 Stunden. Berechnung der Rückforderung
Leitsatz (amtlich)
Die Prüfzeit im Tagesprofil von zehn Minuten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung für die Körperakupunkturleistung nach Nr 30791 EBM 2005 (juris: EBM-Ä 2005) ist nicht zu beanstanden. Nicht zu beanstanden ist auch der Ansatz von zwei Minuten für den Konsultationskomplex (hier: Nr 18215 EBM).
Orientierungssatz
1. Tagesprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können.
2. Bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal liegt eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vor (vgl SG Marburg vom 4.6.2008 - S 12 KA 528/07).
3. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl BSG vom 11.3.2009 - B 6 KA 62/07 R = BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 27.328,52 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung einer Honorarberichtigung aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen für die vier Quartale I bis IV/07 in Höhe von insgesamt 27.328,52 € netto.
Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie seit Dezember 1995 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Für die streitbefangenen Quartale setzte die Beklagte das Honorar wie folgt fest:
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I/07 |
II/07 |
III/07 |
IV/07 |
Honorarbescheid vom |
17.07.2007 |
17.10.2007 |
17.01.2008 |
09.05.2008 |
Nettohonorar gesamt in € |
66.689,83 |
78.030,83 |
88.798,48 |
83.820,89 |
Fallzahl gesamt |
1.583 |
1.424 |
1.628 |
1.581 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
63.354,40 |
78.231,08 |
90.102,06 |
84.842.38 |
Fallzahl PK + EK |
1.561 |
1.406 |
1.613 |
1.553 |
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Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV |
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Quote |
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Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3/§ 5 Abs. 3 HVV |
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Praxisbezogenes RLV in Punkten |
1.387.118,4 |
1.265.556,6 |
1.437.563,4 |
1.384.259,6 |
Überschreitung in Punkten |
489.128,1 |
315.698,4 |
323.195,8 |
226.019,4 |
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Ausgleichsregelung Ziff. 7.5/5 Abs. 4 HVV |
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Auffüll-/Korrekturbetrag je Fall € |
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Auffüll-/Korrekturbetrag gesamt in € |
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Die Beklagte führte zunächst für die Quartale II/05 - IV/06 eine arztbezogene Plausibilitätsprüfung nach zeitbezogenen Kriterien durch und stellte mit Beschluss des Plausibilitätsausschusses Nord vom 25.03.2009 fest, dass keine Implausibilität festgestellt werden könne. Er kam zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Auffälligkeiten durch die beiden qualifizierten Mitarbeiterinnen, einer Masseurin und einer Physiotherapeutin mit insgesamt 31 Wochenstunden, in vollem Umfang zu erklären seien und die Abrechnungen somit als plausibel einzustufen seien.
Die Beklagte führte für die streitbefangenen Quartale eine weitere Plausibilitätsprüfung durch und übersandte dem Kläger unter Datum vom 26.03.2009 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für die Quartale I bis IV/07 unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Der Kläger erklärte hierzu, bei den Zeitprofilen seien Leistungen der Ziffern 30400 und 30420 EBM angerechnet worden. Hier sollte eine Korrektur vorgenommen werden. Seit über 12 Jahren beschäftige er eine qualifizierte Mitarbeiterin bzgl. Krankengymnastik und Massage. Ihr seien diese Leistungen anzurechnen.
Die Beklagte übersandte dem Kläger dann unter Datum vom 11.08.2009 entsprechend korrigierten Abrechnungslisten.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 19.03.2010 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung für die Quartale I bis IV/07 die strittige Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 27.328,52 € netto fest. In den einzelnen Quartalen setzte sie die Rückforderung nach den beigefügten Anlagen wie folgt fest:
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I/07 |
1.540,04 € netto |
II/07 |
7.748,46 € netto |
III/07 |
10.797,90 € netto |
IV/07 |
7.242,12 € netto |
Zur Begründung führte sie aus, für die Prüfung nach Zeitprofilen würden primär die im Anhang 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen zugrunde gelegt werden. Außer Betracht blieben Leistungen im organisierten Notfalldienst, Leistungen aus der unvorhergesehenen Inanspruchnahme des Vertragsarztes außerhalb der Sprechstundenzeiten und bei Unterbrechung der Sprechstunde mit Verlassen der Praxis. Der Anhang 3 zum EBM kennzeichne darüber hinaus die behandlungsfall- un...