Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriegsopferversorgung. Erstattung der Kosten für eine selbst durchgeführte Badekur. sozialgerichtliches Verfahren. Klageänderung. Umstellung des Klageantrags von der Sachleistung auf die Kostenerstattung. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beschafft sich der Kläger im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens die eingeklagte Leistung selbst, liegt in der Umstellung des Klageantrags von der Sachleistung auf Kostenerstattung keine Klageänderung (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG).

2. In einem solchen Fall ist auch über einen Anfechtungsantrag des Klägers zu entscheiden, da die andernfalls eintretende Bestandskraft der die Sachleistung ablehnenden Bescheide gemäß § 77 SGG auch einem Kostenerstattungsanspruch im Wege stehen würde.

3. Kosten einer selbst durchgeführten Badekur sind von der Versorgungsverwaltung nicht zu erstatten, weil sie der Gesetzgeber in § 18 Abs 4 S 4 BVG ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen hat. Dies gilt auch, wenn der Versorgungsberechtigte die Badekur erst durchgeführt hat, nachdem sein diesbezüglicher Leistungsantrag (ggf zu Unrecht) abgelehnt worden ist (entgegen LSG Schleswig vom 18.11.1996 - L 2 V 36/96).

4. Für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bleibt neben dem ausdrücklich normierten Kostenerstattungsanspruch des § 18 Abs 4 BVG kein Raum. Zudem bietet der sozialrechtliche Herstellungsanspruch keine Grundlage für eine nachträgliche Kostenerstattung.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land im Rahmen seiner Kriegsopferversorgung die Erstattung von Kosten für eine Badekur.

Der 1925 geborene Kläger leistete im Zweiten Weltkrieg Militärdienst. Am 25.02.1945 erlitt er als Soldat in der Eifel eine Splitterverletzung durch eine Panzergranate. Betroffen waren der linke Oberschenkel und das Becken. Unmittelbar danach geriet der Kläger in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Dort erfolgte auch die Erstversorgung seiner Verwundung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Kläger in B-Stadt weiterbehandelt.

Im Juni 1947 beantragte der Kläger wegen der Folgen seiner verschiedenen Kriegsverletzungen die Gewährung von Kriegsbeschädigten-Leistungen. Daraufhin wurde am 17.12.1948 ein Erstanerkennungsbescheid erlassen. Darin wurden die bei dem Kläger eingetretene Gesundheitsstörung „Zustand nach Schußverletzung des Beckens mit ausgedehnten Nervenschmerzen am Oberschenkel„ als Schädigungsfolge anerkannt. Es wurde festgestellt, dass diese durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 KB-Leistungsgesetz hervorgerufen worden ist. Zugleich wurden dem Kläger Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H. bewilligt. In der Folgezeit stellte der Kläger mehrere Verschlimmerungsanträge und die MdE wurde von dem beklagten Land angehoben. Zuletzt wurde mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 28.05.1980 wegen der Schädigungsfolgen “1. Narbenbeschwerden und Schwäche des linken Beines nach Schußverletzung des Oberschenkels und Beckens, 2. Verlust der linken Niere durch Operation (1962), geringfügiger Restkatarrh der Harnwege durch Funktionsstörung der verbliebenen rechten Niere„ mit Wirkung ab 01.04.1980 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit eine MdE von 60 v. H. festgestellt.

Seit Mitte der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden dem Kläger von dem beklagten Land zur Behandlung der anerkannten Schädigungsfolgen zahlreiche Badekuren bewilligt. In jüngerer Zeit erfolgte eine entsprechende stationäre Behandlung auf Kosten des Beklagten in der Klinik E. in E-Stadt vom 20.04.2004 bis 18.05.2004. Eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme in derselben Klinik fand vom 02.06.2005 bis 30.06.2005 als Anschlussheilbehandlung nach Hüft-TEP-Implantation auf Kosten der klägerischen Krankenkasse statt.

Im Mai 2006 beantragte der Kläger erneut eine Badekur bei dem Beklagten. Dabei verwies er hinsichtlich der Schädigungsfolgen auf eine zwischenzeitlich eingetretene wesentliche Leidensverschlechterung. Er führte erhebliche Bewegungseinschränkungen und zunehmende Schmerzen an. Im Verwaltungsverfahren holte der Beklagte verschiedene Auskünfte und ein versorgungsärztliches Gutachten nach Aktenlage ein. Sodann wurde der Antrag auf Gewährung einer stationären Behandlung in einer Kureinrichtung (Badekur) mit Bescheid vom 24.07.2006 abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine erneute Kur vor Ablauf von drei Jahren seit der letzten Anschlussheilbehandlung seien nicht erfüllt. Der Kläger sei in der Zwischenzeit auf ambulante physikalische Maßnahmen zu verweisen.

Gegen den Bescheid des beklagten Landes erhob der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 15.08.2006 (Eingangsdatum) Widerspruch. Zur Begründung verwies er später darauf, die vorangegangene Anschlussheilbehandlung sei bei der Berechnung der Drei-Jahres-Frist nicht zu berücksichtigen, da sie auf Kosten ...

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