Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. Vergütung für Aufdrehen eines Distraktors. Abrechenbarkeit des Verschlusses eines Kieferhöhlenfensters im Zusammenhang mit Operation. Dokumentationspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Aufdrehen eines Distraktors erfüllt nicht die Leistungslegende nach Nr 2702 GÖÄ-82. Eine Feinjustierung verändert nicht den Apparat.

2. Der Verschluss eines Kieferhöhlenfensters ist im Zusammenhang eines OP-Eingriffs nicht gesondert nach Nr 59 oder 51a BEMA abrechenbar, da der Wundverschluss Bestandteil der chirurgischen Hauptleistung ist (vgl bereits SG Marburg vom 20.6.2012 - S 12 KA 133/12 -, Berufung anhängig LSG Darmstadt zum Az.: L 4 KA 47/12).

 

Orientierungssatz

1. Zur Bedeutung der Dokumentationspflicht für die Erbringung zahnärztlicher bzw vertragszahnärztlicher Leistungen.

2. Az beim LSG: L 4 KA 66/13

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der KB-Monatsabrechnungen für die Monate April, Mai und Juni 2008 im Behandlungsfall der Frau C. und hierbei um die Absetzung von Leistungen nach Nr. 40 (I), Nr. 41a (L1), Nr. 41b (L2) und Nr. 51a (Pla1) BEMA sowie Nr. 2381, Nr. 2255 und Nr. 2702 GÖÄ-82 im Rahmen einer Dysgnathie-Operation im Wert von insgesamt 2.073,32 Euro.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr A2 ist Zahnarzt, und Frau Dr. A3 ist Zahnärztin. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Im Zeitraum 01.07.2005 bis 31.12.2008 gehörte der Gemeinschaftspraxis noch die ebf. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Zahnärztin Frau D. an.

Die Beklagte bat die Klägerin unter Datum vom 15.05.2008 um die Einreichung verschiedener Unterlagen im Hinblick auf die Notwendigkeit verschiedener Leistungen für den strittigen Behandlungsfall aufgrund der eingereichten KB-Abrechnung 04/2008.

Die Klägerin teilte unter Datum vom 18.08.2008 mit, die Wiederholungen der Anästhesien seien zur Schmerz- und Blutungskontrolle erforderlich gewesen. Die Indikation zur Kieferhöhlenrevision habe sich als eigenständige Leistung auf Grund hyperplastischer Veränderungen der Kieferhöhlenschleimhaut ergeben. Die Neurolyse sei auf Grund der auf den Nervus infraorbitalis wirkenden Spannung nach OK-Verlagerung erforderlich geworden. Nach dem dieses sowohl für den Nervus infraorbitalis links als auch rechts gelte, sei die Leistung zweimal erbracht und abgerechnet worden. Die Notwendigkeit zur Durchführung der Hausbesuche ergebe sich auf Grund der ausgeprägten Schwellung mit Schluckbeschwerden und postoperativen Fiebers. Sie weise darauf hin, dass operative Verlagerungen, die simultan sowohl im Ober- als auch Unterkiefer durchgeführt würden, in einem hohen Prozentsatz der Fälle stationär erfolgten. Unter Einsatz moderner operativer Techniken, wie z.B. einer intraoperativen Hypotension etc., sei es seit einiger Zeit möglich, diese Eingriffe auch ambulant durchzuführen. Dies erfordere jedoch eine engmaschige postoperative Kontrolle zur Schmerz- und Schwellungskontrolle. Diese Besuche seien von der Patientin erbeten worden. Ansonsten hätte eine unwirtschaftliche stationäre Behandlung durchgeführt werden müssen. Bei der Abrechnung der Nr. 2702 GOÄ-82 handele es sich um die Aufdrehung des im Unterkiefer befindlichen Distraktors bzw. der Gaumennahterweiterungsapparatur, die im Oberkiefer lokalisiert gewesen sei. Werde im Ober- und Unterkiefer gedehnt, bedinge dies den zweimaligen Ansatz der Ziffer 2702, nachdem hier zwei unterschiedliche Lokalisationen, einmal Ober- und einmal Unterkiefer, vorgelegen hätten. Werde die Ziffer dreimal angesetzt, so sei eine weitere Dehnung in nur einem Kiefer in einer separaten Sitzung erfolgt. Die Lokalanästhesien am 14.04.2008 seien erforderlich gewesen, nachdem der Distraktor im Oberkiefer hätte neu positioniert werden müssen. Damit sei auch eine Zahnfleischexzision verbunden gewesen und die Mobilisation des Distraktors bei instabilem Kiefer. Alle schmerzauslösenden Maßnahmen wären ohne Durchführung der Lokalanästhesie nicht erträglich gewesen. Ferner übersandte sie den OP-Bericht vom 29.03.2008 sowie weitere Unterlagen.

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 02.07.2009 die strittigen Absetzungen vor. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Leistungen: 12x Nr. 40 (I), 4x Nr. 41a (L1), 2x Nr. 41b (L2) und 2x Nr. 51a (Pla1) BEMA sowie 2x Nr. 2381, 1x Nr. 2255 und 54x Nr. 2702 GÖÄ-82 im Rahmen einer Dysgnathie-Operation. Zur Begründung führte sie aus, alle Wiederholungen der Nr. 40 BEMA (insgesamt 8x) und Nr. 41a BEMA (insgesamt 2x) am Behandlungstag 29.03.2008 seien abzusetzen, da deren Notwendigkeit in Verbindung mit einem Eingriff in Allgemeinnarkose nicht gegeben sei. Bei dem vorliegenden chirurgischen Eingriff und Allgemeinnarkose sei die Notwendigkeit der Abrechnung der extraoralen Leitungsanästhesie nach Nr. 4...

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