Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Vertragszahnarzt. Sanierungsbedürftigkeit der Zähne von Patienten, die Speisen abschmecken und von Mitarbeitern von Banken und Versicherungen. Parodontose-Fälle keine Praxisbesonderheit

 

Orientierungssatz

1. Es besteht kein zahnmedizinischer Erfahrungssatz, dass Patienten, die Speisen abschmecken, vermehrt an Karies erkranken würden, oder dass Mitarbeiter von Banken und Versicherungen besonders sanierungsbedürftige Zähne hätten.

2. Parodontose-Fälle bedeuteten keine Praxisbesonderheit für die Wirtschaftlichkeitsprüfung des konservierend-chirurgischen Behandlungsbereichs, der nicht Teil des parodontologischen Behandlungskomplexes ist, sondern nur im Rahmen einer Vorbehandlung zur Anwendung kommt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den drei Quartalen II/99 bis IV/99 in Höhe von insgesamt 28.384,53 Euro (55.515,32 DM).

Die Klägerin ist seit 01.10.1997 als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

In den Quartalen II/99 bis I/00 ergaben sich folgende Abrechnungswerte der Klägerin (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal

 Fallzahl

Pkte. pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Pkte.

In %

II/99

VZA...

219

152

73

92,4

VG...

458

79

III/99

VZA...

230

180

102

130,8

VG...

441

78

IV/99

VZA...

288

134

62

86,1

VG...

523

72

I/00

VZA...

236

115

33

40,2

VG...

466

82

Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - führte für die Quartale II/99 bis I/00 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bzgl. der konservierenden-chirurgischen Leistungen durch.

Die Klägerin trug vor, in ihrer Praxis habe sie, bedingt durch ihre Lage, ein sehr hohes Aufkommen an Patienten, bei denen es gehäuft Probleme mit Cp gebe und hieraus resultierend auch gehäuft eine Eröffnung der Wurzelkanäle unabdingbar sei. Die Patienten würden bei ihr erst vorstellig, wenn akute Schmerzen aufträten. Sie betreue auch eine Vielzahl an Patienten eines Drogenrehabilitationszentrums. Auch hier handele es sich um Schmerzpatienten. Sie müsse viele Röntgenbilder erstellen. Sie erstelle auch OPGs für die Praxis Dr. W. D und Dr. Dr. E. Herr Dr. D verfüge nicht über ein eigenes Gerät. An Herrn Dr. Dr. E überweise sie Patienten zu chirurgischen Eingriffen, die von ihr entsprechend mit Röntgenbildern versorgt würden. Aus diesen genannten Gründen resultierten auch ihre Füllungen. Durch die zahlreichen Lokale und Restaurants in ihrer Umgebung sei die Patientenfluktuation hoch. Ein Großteil ihres Klientels, auch aus den umliegenden Banken und Versicherungen, müssten aufgrund ihres Berufes ein hohes Maß an Kundenkontakten pflegen und benötigten eine entsprechende zahnmedizinische Versorgung, um den beruflichen Anforderungen entsprechen zu können. Aufgrund der nahen Lage der X. Oper A-Stadt habe sie auch Künstler zu betreuen, die einen hohen Anspruch an eine Restauration stellen müssten, da es gehäuft schon zu Problemen mit Beleuchtung und Kameras - respektive Fernsehkameras - bei Vorstellungen oder Life-Übertragungen gekommen sei.

Der Prüfungsausschuss lud die Klägerin zu einer Prüfsitzung, an der sie teilnahm.

Mit Bescheid vom 25.04.2001, der Klägerin am 10.08.2001 zugestellt, setzte der Prüfungsausschuss II für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 3.412,19 DM fest. Er nahm in 9 namentlich benannten Einzelfällen eine Honorarberichtigung in Höhe von 709,89 DM vor und setze 277 Leistungen nach Nr. 34 (Med) im Wert von 2.702,30 DM ab. Ferner erteilte er verschiedene Hinweise.

Hiergegen legten die Beigeladenen zu 2) bis 8) am 16.08.2001 Widerspruch ein. Zur Begründung verwiesen sie auf die Abrechnungswerte im Bereich des Gesamtfallwertes der Klägerin, die im Bereich eines sog. offensichtlichen Missverhältnisses lägen. Der Prüfungsausschuss habe anhand von 44 Beispielsfällen geprüft. Diese Beispielsfälle hätten einen Anteil von 4,52 % der Gesamtabrechnung. Der Prüfungsausschuss verweise darauf, dass es sich um die ersten Prüfverfahren handele und dass eine Beratung in der Regel weiteren Maßnahmen voranzugehen haben. Damit könnten sie sich wegen der hohen Abrechnungswerte nicht einverstanden erklären und weil mit der Klägerin am 02.09.1998 eine persönliche Beratung in Verbindung mit ihrer ersten Abrechnung, dem Quartal IV/97, stattgefunden habe. Der für das Quartal I/98 gestellte Prüfantrag sei deshalb zurückgezogen worden. Nach Sichtung der Abrechnungsstatistiken seien sie ferner der Meinung, dass die Füllungstherapie und das Anästhesieverhalten nicht unwesentlichen Anteil an den hohen Überschreitungen hätten. Hierzu werde im Beschluss nicht eingegangen.

Die Klägerin ...

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