Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Regelung über Korrekturen bzgl Abrechnung. Vertragsarzt. Zurechnung eines Programmfehlers in Abrechnungsprogramm. Einzug der Praxisgebühr
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bestimmung in einem Honorarverteilungsmaßstab, nach der der Vertragsarzt Korrekturen im Regelfall nur innerhalb von sechs Wochen nach Ende eines Abrechnungsvierteljahres einreichen kann, ist zulässig.
2. Ein Vertragsarzt muss sich einen Programmfehler in einem Abrechnungsprogramm zurechnen lassen. Insofern trägt er ein unternehmerisches Risiko und ist für seine Sphäre verantwortlich. Besondere Gründe für eine nachträgliche Abrechnungskorrektur liegen damit nicht vor.
3. Der Einzug der Praxisgebühr unterliegt den allgemeinen Abrechnungsvorschriften.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.260,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Anrechnung der sog. Praxisgebühr auf die Honorarfestsetzung für das Quartal IV/04.
Der Kläger ist als Internist mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 18.04.2005 setzte die Beklagte das Nettohonorar für das Quartal IV/04 auf 71.203,78 Euro und die Einnahmen aus der sog. Praxisgebühr auf 8.500 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger am 27.05.2005 Widerspruch ein. Er trug vor, es seien Praxisgebühren von genau 724 Patienten erhoben worden. Bei Einnahmen von 7.240 Euro ergebe dies zur Festsetzung der Beklagten eine Differenz von 1.260 Euro. Unter Datum vom 03.06.2005 korrigierte er seine Angaben auf Einnahmen von 7.250 Euro, was einen Differenzbetrag von 1.250 Euro ergab. Er trug weiter vor, im Quartal IV/04 habe er die EDV in seiner Praxis umgestellt. Offensichtlich sei es auf Grund der Software-Umstellung zu einer fehlerhaften Identifikation von den Patienten gekommen, die von der Gebühr befreit worden seien. Wegen des neuen Programms sei nicht aufgefallen, dass in 125 Fällen Patienten, die hier als von der Praxisgebühr befreit dokumentiert gewesen, nicht als solche identifiziert worden oder softwarebedingt fehlerhaft verschlüsselt worden seien. Er habe jetzt eine Liste mit den Patienten erstellt, die von der Praxisgebühr nachgewiesenermaßen befreit gewesen seien. Unter Datum vom 10.01.2006 trug er ergänzend vor, nach der EDV-Umstellung sei es zu einem computerbedingten, letztlich aber von der Praxis zu vertretenden Fehler gekommen. Die Mindereinnahmen bezifferte er erneut mit 1.260 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2006, dem Kläger am 22.09.2006 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, nach den gesetzlichen Vorgaben habe sie die Praxisgebühr im Rahmen der Quartalsabrechnung vom Honoraranspruch in Abzug zu bringen, sofern kein Tatbestand vorliege, der den Versicherten von der Zuzahlung befreie. Bei einer Befreiung von der Zuzahlungspflicht sei eine „Pseudoziffer„ anzugeben. In der Dezemberausgabe von info.doc habe sie über die Zuzahlungspflicht und die Art der Kennzeichnung informiert. Im Februar 2004 sei hierzu ein Sonderheft erschienen. Die vom Kläger angesprochene Praxisgebühr Pseudoziffer 8032 - keine Erhebung der Praxisgebühr, da die Befreiung von allen Zuzahlungen nachgewiesen ist - sei Bestandteil der Bekanntgabe gewesen. Bei fehlender Angabe erfolge automatisch die Zusetzung der Pseudoziffer 8030 und komme die Praxisgebühr zum Abzug. Die Pseudoziffer 8033 - keine Erhebung der Praxisgebühr, da eine Quittung über die bereits bezahlte Praxisgebühr vorgelegt und entwertet wurde - sei bereits im Dezember 2003 veröffentlicht worden. Fehle die Angabe, so erfolge ebf. automatisch die Zusetzung der Pseudoziffer 8030 und komme die Praxisgebühr zum Abzug. Ein Fehler aufgrund der Umstellung der EDV gehe zu Lasten des Klägers. Der Kläger hätte einen Abgleich nehmen können, ob die tatsächlichen Einnahmen mit den Daten übereinstimmten. Insbesondere die Umstellung der Praxis-EDV hätte ihn zu Kontrollen veranlassen müssen. Ein Software-Fehler müsse ggf. gegenüber der Software-Firma geltend gemacht werden. Eine nachträgliche Berücksichtigung der Pseudoziffern sei nicht möglich. Eine Korrektur sei nur innerhalb von sechs Wochen nach Abgabe möglich. Eine Ausnahme hiervon sei nach dem Vortrag des Klägers nicht gerechtfertigt.
Hiergegen hat der Kläger am 27.09.2006 Klage erhoben. Er trägt ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen vor, die Helferinnen hätten übersehen, dass sie bei bestimmten Befreiungstatbeständen die Ziffer 8032 hätten eingeben müssen. Die Beklagte billige ihm keine Korrekturmöglichkeit zu, was sie aber für sich selbst in Anspruch nehme. Für das Quartal I/06 sei der Abzug der Praxisgebühr zunächst gänzlich unterblieben, was die Beklagte nachträglich korrigiert habe. Er sehe dies ein, fordere aber das gleiche Recht für sich. Nach Erhalt der Abrechnung habe er den Fehler erkannt und sich sogleich mit der Beklagten...