Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. Meldezweck. Nachweis der Eigenbemühungen. Verschiebung des Arzttermins. Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung
Orientierungssatz
1. Der einer Meldeaufforderung zugrundeliegende Meldezweck wird nicht dadurch rechtswidrig, dass der Leistungsbezieher gebeten wurde, die laut eines Eingliederungsverwaltungsaktes geforderten Nachweise der Eigenbemühungen vorzulegen.
2. Es ist für Leistungsbezieher ohne Erwerbstätigkeit zumutbar, Arzttermine, die nicht unaufschiebbar sind, zu verschieben, wenn rechtzeitig ein Termin beim Arbeitsvermittler angesetzt wird.
3. Die in einer Meldeaufforderung enthaltene Rechtsfolgenbelehrung muss nicht auf die in § 309 Abs 3 S 2 SGB III vorgesehene Möglichkeit hinweisen, sich am Meldetag zu einer anderen Zeit zu melden (entgegen SG Leipzig vom 9.9.2016 - S 22 AS 2098/16 = juris RdNr 21).
4. Eine solche Rechtsfolgenbelehrung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil darin nur auf die "Zustellung" des Sanktionsbescheids Bezug genommen wird und nicht auf den Zugang durch einfache Übersendung.
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 30.6.2017 gegen den Sanktionsbescheid vom 21.6.2017 wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B. wird abgelehnt.
Gründe
I.
Streitig ist ein Sanktionsbescheid über eine Minderung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs wegen Nichterscheinens zum Meldetermin am 8.5.2017.
Der 1959 geborene Antragsteller bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner.
Mit Eingliederungsverwaltungsakt vom 24.10.2016 war der Antragsteller u.a. verpflichtet worden, monatlich fünf Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen, die durch Vorlage einer Liste der Eigenbemühungen und des Schriftverkehrs mit dem Arbeitgeber zu belegen seien. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt wurde mit Beschluss vom 06.12.2016 abgelehnt (S 40 AS 2580/16 ER); die Beschwerde dagegen wurde mit Beschluss des BayLSG vom 12.01.2017 zurückgewiesen (L 7 AS 913/16 B ER). Der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 zurückgewiesen. Dies ist Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 2812/16.
In der Folgezeit bestand zwischen dem Antragsteller und seiner Arbeitsvermittlerin Uneinigkeit darüber, in welcher Form die im Eingliederungsverwaltungsakt geforderten Nachweise vorzulegen waren. Der Antragsteller verlangte u.a. mit Emails vom 02.11.2016 und 13.12.2016 die Vorlage in einem persönlichen Termin, während die Arbeitsvermittlerin ihn auf die Vorlage per Email oder ausgedruckt per Post bzw. durch Abgabe an der Infothek verwies. Die geforderten Nachweise wurden vom Antragsteller nicht in der erbetenen Form erbracht, was zu mehreren Sanktionen führte (Sanktionsbescheid vom 02.02.2017 über 30 vH des Regelbedarfs, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt mit Beschluss vom 07.032015, S 40 AS 328/17 ER; Sanktionsbescheid vom 13.03.2017 über 60 vH des Regelbedarfs, aufschiebende Wirkung angeordnet durch Beschluss vom 07.04.2017, S 40 AS 690/17 ER; und Sanktionsbescheid vom 08.05.2017 über den vollständigen Wegfall der Leistungen, aufschiebende Wirkung angeordnet, soweit die Minderung 30 vH des Regebedarfs übersteigt, mit Beschluss vom 31.05.2017, S 40 AS 1142/17 ER). Auch in den ER-Verfahren hatte der Antragsteller geltend gemacht, er werde die geforderten Nachweise in einem persönlichen Termin vorlegen.
Mit Schreiben vom 26.4.2017 wurde der Antragsteller für Montag den 8.5.2017 um 10:00 Uhr zu einem Termin beim Antragsgegner eingeladen, um die aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Er wurde gebeten ausgedruckte Nachweise der Eigenbemühungen einschließlich des ausgedruckten Schriftverkehrs mit den Arbeitgebern der letzten sechs Monate (November 2016 bis einschließlich April 2017) mitzubringen. Für den Krankheitsfall wurde darauf hingewiesen, dass eine ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend bedeute, dass er nicht in der Lage sei, einen Meldetermin wahrzunehmen. Sollte er den der genannten Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen können, solle er bitte eine Bescheinigung des behandelnden Arztes vorlegen, aus der hervorgehe, dass er aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, den Termin wahrzunehmen. Wenn er ohne wichtigen Grund dieser Einladung nicht Folge leiste, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % des für ihn maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert.
Die Rechtsfolgenbelehrung wies erneut darauf hin, dass eine Verletzung der Meldepflicht nach § 59 SGB II vorliege, wenn er der Aufforderung zur persönlichen Meldung nicht nachkomme. Bei einer Verletzung der Meldepflicht werde das Arbeitslosengeld II um 10 % de...