Entscheidungsstichwort (Thema)
Für beruflichen Stress als von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII muss eine berufliche Ausnahmesituation im Vollbeweis nachweisbar sein
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung eines Ereignisses vom 15.01.2020 als Arbeitsunfall.
Mit Schreiben vom 21.01.2020 legitimierte sich der Bevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten und teilte mit, dass der Kläger einen Hirninfarkt erlitten habe und sich in stationärer Behandlung in der Klinik B. befinde.
Der Hirninfarkt sei während der Arbeit eingetreten, weshalb die Anerkennung als Arbeitsunfall geltend gemacht werde. Nach dem ausführlichen Bericht zur stationäre Behandlung ab dem 15.01.2020 in der Klinik B. habe der Kläger seine Ehefrau auf der Arbeit angerufen. Bei dem sei eine Sprachstörung aufgefallen sei. Diagnostiziert wurde eine "zerebrale Ischämie des linken Mediastromgebietes bei distalem M2/M3 Verschluss". Als Risikofaktor war eine "arterielle Hypertonie" genannt.
Mit Bescheid vom 13.02.2020 wurde die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt. Die Beklagte verwies in ihrer Entscheidung darauf, dass Unfälle aus innerer Ursache grundsätzlich nicht versichert seien, weil die wesentliche Ursache im persönlichen Lebensbereich des Versicherten liege.
Der Bevollmächtigte des Klägers legte hiergegen Widerspruch ein. Beim Kläger hätte eine psychische Ausnahmesituation vorgelegen, da er ohne seine beiden Lehrlinge in der Werkstatt alleine gewesen sei. Hinzugekommen sei ein vermehrtes Kundenaufkommen, was zu einem außergewöhnlichen Stress beim Kläger geführt habe. Zudem sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass, wenn keine nennenswerten Vorerkrankungen vorliegen, der Beweis des ersten Anscheins für einen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden spreche.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2020 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies darauf, dass ein Unfall ein von außen auf den Körper einwirkendes, plötzliches Ereignis darstelle, das rechtlich wesentlich einen Gesundheitsschaden verursacht. Ein aus innerer Ursache kommendes Geschehen sei aufgrund des fehlenden äußeren Ereignisses nicht als Unfall anzusehen. Hierbei gehe es im Grunde um die Abgrenzung des Unfalls von einem inneren krankhaften Vorgang in der Risikosphäre des Versicherten. In der konkreten Situation seien keine betrieblichen Ursachen erkennbar, die für den erlittenen Hirninfarkt ursächlich gewesen sein könnten. Besondere betriebliche Gefahrmomente hätten an der Entstehung der erlittenen Gesundheitsstörung hinsichtlich Art und Schwere ebenfalls nicht mitgewirkt. Ein erhöhtes Arbeitsaufkommen allein stelle keine besondere, betriebliche Belastungs- bzw. Ausnahmesituation im Sinne der Rechtsprechung dar, um einen Hirninfarkt rechtlich wesentlich zu verursachen. Zudem sei eine Vorerkrankung im Sinne einer Arterien Verschlusskrankheit sowie eines Blutdruckleidens dokumentiert.
Der Kläger ließ hiergegen durch seine Bevollmächtigten am 19.08.2020 Klage zum Sozialgericht München erheben und verwies u. a. auf das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.03.2009, Az.: S 10 U 4096/07.
Neben der Beiziehung der medizinischen Befunde forderte das Gericht insbesondere das Vorerkrankungsverzeichnis und ein MDK-Gutachten bei der Krankenkasse an. Außerdem wurde die Klägerpartei um einen Nachweis dafür gebeten, dass die beiden Azubis am Unfalltag nicht im Betrieb gewesen seien. Zum Beleg eines erhöhten Kundenaufkommens wurden Rechnungen vom Unfalltag angefordert. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13.01.2021 wurde mitgeteilt, dass das Auftragsbuch vom Unfalltag aufgrund des zwischenzeitlichen Verkaufs der Werkstatt nicht mehr vorhanden sei. Es könne nicht mehr gesagt werden, an welchen Tagen die beiden Azubis in der Werkstatt gewesen seien, jedenfalls seien sie am 15.01.2020 nicht im Betrieb gewesen. Es wurde eine Rechnung vom 15.01.2020 vorgelegt, nach der am Unfalltag eine große Inspektion durchgeführt wurde.
Das Gericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von B1. auf neurologischem Fachgebiet. Dieser kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine akute Stressbelastung nicht als Ursache eines Schlaganfalls angesehen werden könne. Einer akuten Stressbelastung komme möglicherweise in Bezug auf die Auslösung eines Schlaganfalls die gleiche Bedeutung zu, wie jedem anderen nicht zu vermeidenden Anlass des täglichen Lebens. Beim Kläger habe bereits länger bestehender Bluthochdruck sowie eine Arteriosklerose als Risikofaktoren für einen Schlaganfall vorgelegen.
Mit Schreiben vom 02.08.2021 trat der Prozessbevollmächtigte dem Gutachten entgegen und beantragte eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 04.08.2021 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Sc...