Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion des Leistungsantrags des Versicherten bei dessen nicht fristgerechter Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB 5 setzt einen hinreichend bestimmten fiktionsfähigen Leistungsantrag des Versicherten voraus.
2. Wird dem Versicherten die Unmöglichkeit der Einhaltung der fünfwöchigen Bescheidungsfrist nicht schriftlich mitgeteilt, so gilt die beantragte Leistung als genehmigt.
3. Die Versorgung eines übergewichtigen Patienten mit einer Schlauchmagenanlage liegt nicht außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.
4. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion führt sowohl zu einem Sachleistungs- als auch Kostenerstattungsanspruch des Versicherten. Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Krankenkasse mit allen Einwendungen betreffend die medizinische Notwendigkeit der beantragten Behandlung ausgeschlossen.
Tenor
I. Der Bescheid vom 11.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2016 wird aufgehoben.
II. Die Beklage wird verurteilt, den Kläger aufgrund der gemäß § 13 Abs. 3a Satz. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eingetretenen Genehmigungsfiktion mit der am 04.11.2015 beantragten adipositas-chirurgischen Maßnahme (Schlauchmagen) als Sachleistung zu versorgen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den bei der Beklagten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherten Kläger auf seinen Antrag vom 04.11.2015 mit einer adipositas-chirurgischen Maßnahme (Schlauchmagenanlage) als Sachleistung zu versorgen.
Der 1969 geborene Kläger leidet an einer Adipositas permagna mit Begleiterkrankungen (Depression, Schlafapnoe, Hypertonus, Asthma). Bei einer Körpergröße von 173 cm wiegt er 183 kg. Der Body Mass Index (BMI) liegt damit bei 61 kg/m2 Körperoberfläche.
Am 04.11.2015 stellte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage von ärztlichen Befundberichten, einer Teilnahmebestätigung an einem mehrmonatigen Ernährungsprogramm “Fr!tz bewegt mich„ sowie einer Fotodokumentation einen Antrag auf Kostenübernahme für die Durchführung einer adipositas-chirurgischen Maßnahme (Schlauchmagenanlage). Ausweislich des dem Antrag ebenfalls beigefügten antragsbefürwortenden ärztlichen Schreibens des Abdominalzentrums am Klinikum B. in M-Stadt vom 12.10.2015 besteht bei dem Kläger eine langjährige Adipositas, welche auch unter kontrollierten Ernährungsprogrammen und regelmäßiger Bewegungstherapie nicht gebessert werden konnte. Bei dem Kläger werde daher eine dringende Indikation für eine intensivierte Adipositastherapie mit Durchführung einer bariatrischen Operation gesehen.
Mit Schreiben vom 06.11.2015 bestätigte die Beklagte den Antragseingang des Klägers und teilte mit, zur weiteren Bearbeitung und Feststellung, ob die Kosten übernommen werden können, seien die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weitergeleitet worden. Sobald die Beklagte eine Antwort des MDK erhalte, werde der Kläger über das Ergebnis informiert.
Mit Schreiben vom 06.11.2015 beauftragte die Beklagte den MDK Bayern mit der Bitte um Prüfung, ob die medizinische Indikation für die geplante Schlauchmagen-OP vorliege.
Nach dem nach Aktenlage erstellten sozialmedizinischen Gutachten des MDK Bayern vom 10.12.2015, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, kann auf der Grundlage der vorliegenden Befunde des Klägers eine adipositas-chirurgische Maßnahme nicht empfohlen werden. Es fehlten u.a. Nachweise einer qualifizierten ernährungstherapeutischen Einzelberatung zur Klärung der konservativen Therapieoptionen und zum Ausschluss einer Sweet-Eater-Störung sowie nervenärztliche Befunde zum Ausschluss von Kontraindikationen auf psychiatrischem Gebiet. Eine Ultima Ratio-Situation sei insgesamt nicht ableitbar.
Mit Bescheid vom 11.12.2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für die beantragte Schlauchmagen-Operation unter Bezugnahme auf die sozialmedizinische Beurteilung des MDK vom 10.12.2015 ab.
Den dagegen unter Vorlage weiterer umfangreicher medizinischer Unterlagen von dem Kläger am 04.01.2016 erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten nach Zweitbegutachtung durch den MDK vom 03.06.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2016 zurück.
Am 09.12.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben.
Zur Klagebegründung führt der anwaltlich vertretene Kläger im Wesentlichen aus, die Beklagte habe die fünfwöchige Frist des § 13 Abs. 3 a Satz 1 SGB V nicht eingehalten. Eine schriftliche Mitteilung der Beklagten an den Kläger, wie sie in § 13 Abs. 3 a Satz 5 SGB V vorgeschrieben sei, sei nicht erfolgt. Folge hiervon sei, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten sei und den Bewilligungsbescheid ersetze. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - Urteil vom 08.03....