Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfsmittel. Folgeversorgung. Beinprothese mit Genium-Kniegelenk. unmittelbarer Behinderungsausgleich. Gebrauchsvorteil. kostengünstigere Alternative

 

Orientierungssatz

1. Die Versorgung mit Beinprothesen dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge ist eine Beinprothese für die Versorgung des Betroffenen grundsätzlich schon dann erforderlich, wenn sie nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an des Gehvermögen Gesunder erlaubt.

2. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwendige Versorgung mit einem Hilfsmittel dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet.

 

Tenor

I. Der Bescheid vom 21.3.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.5.2013 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einer Oberschenkelprothese mit einem sitzbeinumgreifenden Vollkontakt-Haftschaft mit HTV-Siliconinnenschaft, einem Mikroprozessor gesteuerten Kniegelenksystem "Genium-bionic" und einem Tritonprothesenfuß zu versorgen.

II. Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger durch die Beklagte zu erstatten.

 

Tatbestand

1. Der Kläger begehrt eine Folgeversorgung mit einer Oberschenkelprothese mit Genium-Kniegelenk.

Eine ärztliche Verordnung vom 31. Januar 2013 der Fachklinik für Amputationsmedizin D-Stadt liegt ebenso vor wie eine Kostenaufstellung der C-Firma in Höhe von 48.185,65 €.

Der durch die Beklagte beauftragte MDK hat in seinem Gutachten vom 18. März 2013 zusammenfassend festgestellt, dass der Kläger mit der vorhandenen Oberschenkelprothese mit C-leg-System im Alltag und bei der beruflichen Tätigkeit ausreichend versorgt sei; demgegenüber sei mit dem Genium-Gelenkssystem keine wesentlichen Verbesserungen erreichbar.

Mit Bescheid vom 21. März 2013 lehnte die Beklagte eine entsprechende Versorgung ab.

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass das beantragte Hilfsmittel wegen fehlender Wirtschaftlichkeit bzw. medizinischer Erforderlichkeit nicht zur Verfügung gestellt werden könne.

2. Mit der am 5. Juni 2013 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Zur Begründung wird angeführt, dass die Versorgung des Klägers mit dem so genannten C-leg-System 7 Jahre zurückliege und diese Beinprothese entsprechend verschlissen sei. Inzwischen sei ein neuartiges vollständig mikroprozessorgeregeltes Beinprothesensystem auf den Markt, das durch eine Vielzahl an technischen Innovationen überzeugen könne. Verwendet würden bei diesem System neueste Sensor-, Computer- und Regeltechniken mit dem Ziel, den Abstand zwischen natürlicher Körperfunktion und künstlichen Ersatz deutlich zu verringern. So sei es erstmals möglich, denn physiologischen Gang nahezu naturgetreu nachzubilden. Gleichzeitig könne auf Neigungen, Steigungen und unebenem Gelände natürlicher gegangen und gestanden werden. Der Bewegungsradius und die Mobilität würden erheblich gesteigert.

Mit Beweisanordnung vom 31. Juli 2013 wurde der Auto täte Dr. C., C-Stadt, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt.

In seinem Gutachten vom 8. Oktober 2013 gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass im Hinblick auf die aktenkundigen Gesundheitsstörungen des Klägers die beantragte Prothese einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber der bisher verwendeten C-leg-Prothese bringe. Dabei stehe nicht die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund sondern eine weitere Optimierung der Gehfähigkeit des Klägers und die Vermeidung von Spätschäden im Bereich der linken unteren Extremität und der Lendenwirbelsäule. Aufgrund einer vorliegenden Videodokumentation konnte der Sachverständige sich Gewissheit davon verschaffen, dass alternierendes Treppengehen, unterschiedliche Gehgeschwindigkeiten in der Ebene, und das Ausnutzen des dynamischen Standphasenwiderstandes bei langsamen bergabwärtsgehen sowie das Rückwärtsgehen unter Widerstand uneingeschränkt durchführbar waren und daher ein Prothesenwechsel zu befürworten sei. Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass im Hinblick auf das primäre Verletzungsmuster des Klägers sowie die von ihm selbst erhobenen Befunde eine Optimierung der Gehfähigkeit des Klägers zur Vermeidung von Spätschäden im Bereich der linken unteren Extremitäten, respektive des Achsenorgans gefordert wird, die beantragte Geniumprothese erfülle derartige Voraussetzungen im Sinne eines erheblichen Gebrauchsvorteils.

Die Beklagte übersandte als Antwort auf dieses Gutachten ein erneutes Gutachten des MDK vom 28. November 2013, in dem im Wesentlichen bezweifelt wird, dass ein bestimmtes Prothesensystem zu geringeren Ausprägungen von Schäden im Bereich der amputierten Extremität führen könne. Deshalb sei auch gegenüber dem C-leg-System nicht vorhersagbar , dass es zu geringeren Spätschäden durch das Folgemodell kommen werde.

In seiner ergänzenden S...

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