Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Überschreitung der Einkommensgrenze. Einberechnung der Abgeltungssteuer aus Kapitalvermögen

 

Leitsatz (amtlich)

Zum zu versteuernden Einkommen nach § 1 Abs 8 BEEG zählen auch die gesondert mit der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs 1 EStG versteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2017 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter (geboren xx.04.2016). Strittig ist der Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 8 BEEG.

Die Klägerin beantragte im Juni 2016 Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter V. Die verheiratete Klägerin übte vor der Geburt eine nichtselbstständige Tätigkeit aus. Während des Bezugszeitraums sei keine Erwerbstätigkeit vorgesehen. Die Einkommensgrenze von 500.000,-Euro für Elternpaare werde voraussichtlich nicht überschritten. Die Klägerin erhielt ab 22.02.2016 Mutterschaftsgeld von kalendertäglich 13,- Euro und einen Zuschuss des Arbeitgebers von kalendertäglich 142,29 Euro. Vorgelegt wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014, der für den Ehemann ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 1.499.951,- Euro auswies. Der Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2015 liege noch nicht vor. Nach den Entgeltnachweisen der Klägerin erzielte diese in der Zeit von Januar 2015 bis einschließlich März 2016 einen steuerpflichtigen Bruttolohn zwischen 7272,- und 8300,- Euro im Monat.

Mit Bescheid vom 27.09.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Elterngeld in folgender Höhe: für den ersten Lebensmonat keine Leistung, für den zweiten Lebensmonat 116,12 Euro und für den dritten bis zwölften Lebensmonat jeweils 1800,- Euro.

Die Klägerin legte im März 2017 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vor. Danach hatte das Ehepaar in diesem Jahr ein Einkommen von 596.408,- Euro, davon 446.138,- Euro nach dem Splittingtarif versteuert und 150.270,- Euro Einkommen aus Kapitalvermögen, versteuert mit der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Mit Bescheid vom 21.03.2017 stellte der Beklagte den Leistungsanspruch endgültig auf null Euro fest und verfügte eine Erstattung der ausgezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 18.116,12 Euro. Der Anspruch auf Elterngeld sei gemäß § 1 Abs. 8 BEEG entfallen, weil in dem letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen von 596.408,-Euro, mithin von mehr als 500.000,- Euro vorgelegen habe.

Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch. Das zu versteuernde Einkommen der Klägerin nach § 2 Abs. 5 EStG habe sich auf 464.138,- Euro belaufen und habe damit unterhalb der Einkommensgrenze gelegen. Kapitaleinkünfte, die gemäß § 32d Abs. 1 EStG der Abgeltungssteuer unterliegen, seien bei dem zu versteuernden Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG nicht zu berücksichtigen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Für die Einkommensgrenze sei das zu versteuernde Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 446.138,- Euro und das zu versteuernde Einkommen aus Kapitalvermögen in Höhe von 150.270,- Euro zu addieren.

Die Klägerin hat am 04.07.2017 Klage erhoben, die sie wie den Widerspruch begründete. Ergänzend führte sie aus, dass § 2 Abs. 5 EStG das zu versteuernde Einkommen als die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer bezeichne. Damit sei die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer auch das zu versteuernde Einkommen im Sinne dieser Vorschrift und somit die Grundlage für die Einkommensgrenze nach § 1 Abs. 8 BEEG. Die Kapitalerträge, die vorab nach § 32d EStG versteuert würden, seien bei dieser Grenze nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 21.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Die Klage ist aber unbegründet, weil der strittige Bescheid dem Gesetz entspricht und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Der Leistungsanspruch besteht nicht, weil die sog. "Millionärsgrenze" des § 1 Abs. 8 BEEG von 500.000,- Euro vom Elternpaar überschritten wird. Bei dieser Grenze sind auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, die gemäß § 32d Abs. 1 EStG mit der Abschlagsteuer versteuert werden, als Einkommen zu berücksichtigen. Rechtsgrundlage der strittigen abschließenden Entscheidung ist § 8 Abs. 3 Nr. 1 BEEG i.V.m. § 26 Abs. 2 BEEG i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB III.

1. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 21.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2017, indem die vorläufige Bewilligung durch eine endgültige Festsetzung ers...

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