Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld bei Einkünften aus der Gewinnbeteiligung an einer GbR. Zuflussprinzip. zeitraumbezogene Einkünfte. Zwölftelung des steuerlichen Jahresgewinns. fiktive Einkommenszurechnung
Orientierungssatz
1. Bei Einkünften aus Beteiligungen handelt es nicht um zeitpunkt-, sondern um zeitraumbezogene Erwerbseinkünfte und damit grundsätzlich um Einkommen aus Erwerbstätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 3 BEEG.
2. Für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit hat das BSG in gefestigter Rechtsprechung den Begriff des "Erzielens von Einkommen" anhand des - strengen - Zuflussprinzips bestimmt. Nach § 2 Abs. 8 Satz 2 BEEG ist hierbei auf den Gewinn abzustellen, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Demzufolge ist insoweit der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im steuerrechtlichen Sinne maßgebend.
3. Grundsätzlich sind deshalb Gewinnanteile als Gesellschafter einer GbR unabhängig von einem tatsächlichen Arbeitseinsatz als Einkommen zu berücksichtigen.
4. Durch die Gewinnermittlung auf Jahresbasis fehlt es an der Möglichkeit, einen konkreten Gewinn in einem einzelnen Monat festzustellen, sodass es sinnvoll und angebracht erscheint, wenn im Grundsatz bei Einkünften aus Beteiligungen dem Elterngeldberechtigten zum Zwecke der Elterngeldberechnung pro Kalendermonat 1/12 des von ihm zu versteuernden Jahresgewinns als Einkünfte berücksichtigt werden.
5. Diese Anrechnung des (auf Lebensmonate umgerechneten) gezwölftelten steuerlichen Gewinns ist allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum tatsächlich überhaupt nicht oder nur in dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG zulässigen Rahmen "tätig" geworden ist und deshalb eine entsprechende, steuerlich relevante und korrekt umgesetzte Reduzierung des Gewinnanteils erfolgt. Denn in diesem Fall ist es möglich, den Gewinn den entsprechenden Tätigkeitszeiträumen zuzuordnen.
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 05.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 verurteilt, der Klägerin für ihren am XX.XX.2010 geborenen Sohn C. endgültig Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat und in Höhe von 1.800,00 EUR im vierten bis zwölften Lebensmonat unter Anrechnung des bereits bezogenen Elterngeldes zu gewähren.
II. Der Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin bezogenes Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Höhe von 18.090,00 EUR an den Beklagten zurückerstatten muss.
Die am XX.XX.1970 geborene, verheiratete Klägerin ist die Mutter des am XX.XX.2010 geborenen Kindes C ... C. ist das zweite Kind der Klägerin nach D., geboren am XX.XX.2007. Von Beruf ist die Klägerin selbstständige Zahnärztin. Gemeinsam mit ihrem Ehemann betreibt sie eine Zahnarztpraxis in der Rechtform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wobei jeder Gesellschafter zu 50 % beteiligt ist.
Am 28.07.2010 beantragte sie die Bewilligung von Elterngeld für C. für den ersten bis zwölften Lebensmonat (= Zeitraum 16.07.2010 bis 15.07.2011). Dabei gab sie an, dass als Ersatz für ihre Arbeitsleistung am 01.04.2010 bzw. am 25.05.2010 zwei Assistenzzahnärzte eingestellt worden seien.
Mit vorläufigem Bescheid vom 24.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld, wobei er unter Einschluss eines Geschwisterbonus für das ältere Kind D. einen Anspruch in Höhe von 517,70 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat (= Zeitraum 16.07.2010 bis 15.10.2010) und in Höhe von 442,70 EUR im vieren bis zwölften Lebensmonat (= Zeitraum 16.10.2010 bis 15.07.2011) errechnete. Dabei setzte der Beklagte als Einkommen im Bemessungszeitraum die Hälfte des in der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2009 angegebenen Gewinns in Höhe von 173.219,00 EUR abzüglich der gesetzlichen Abzugsbeträge an, da der maßgebliche Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2009 noch nicht vorlag, sowie im Bezugszeitraum ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen aus Teilzeittätigkeit in Höhe von 2.039,25 EUR. Diesen Betrag rechnete der Beklagte anteilig aus dem vorläufigen Betriebsergebnis laut betriebswirtschaftlicher Auswertung (BWA) zum 31.05.2010 von 66.596,27 EUR hoch.
Nachdem sich die Klägerin mit Widerspruch gegen die Anrechnung von Teilzeiteinkommen gewandt hatte, da sie im Bezugszeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachginge und sie ab Juli 2007 nicht am Gewinn beteiligt sein würde, erging am 29.10.2010 ein Abhilfebescheid. Der Beklagte legte nunmehr im Bezugszeitraum nur noch ¼ des (nach BWA für den Zeitraum Juli bis September 2010 für das Kalenderjahr 2010 hochgerechneten) geschätzten Gewinns zugrunde, wobei sich unter Abzug der anteiligen Steuervorauszahlungen kein positives Einkommen mehr errechnete. Der Beklagte bewilligte daher der Klägerin nunmehr Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR im er...