Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b SGB 6. Zahlung eines Grundbeitrages für eine neben einer abhängigen Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt
Orientierungssatz
Sinn der Regelung des § 231 Abs 4b S 4 SGB 6 ist es, Rückabwicklungen zu vermeiden, wenn ein Arbeitgeber für eine Beschäftigung fälschlicherweise Beiträge an das berufsständische Versorgungswerk entrichtet hatte. Dies setzt zwingend voraus, dass es sich bei diesen Beiträgen um die Beitragszahlung für genau diejenige Beschäftigung handelte, derentwegen die Befreiung nach § 231 Abs 4b SGB 6 erteilt wird.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht bereits ab 01.03.2014 beanspruchen kann.
Der Kläger ist 1976 geboren. Er wurde nach dem zweiten juristischen Staatsexamen aufgrund einer Tätigkeit als Rechtsanwalt am 16.08.2007 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer A-Stadt und der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung.
Am 01.03.2014 nahm der Kläger das hier streitige Beschäftigungsverhältnis bei der D. Bank auf. Der Arbeitsvertrag vom 24.11.2013 enthielt keine Angabe, als was der Kläger dort tätig war. In einem Zusatzvertrag vom 18.03.2016 heißt es, es handele sich um eine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt, fachlich unabhängig im Sinne von § 46 Abs. 3, Abs. 4 BRAO.
Nach dem die BRAO zum 01.01.2016 dahingehend geändert worden war, dass nunmehr auch eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt möglich ist (§ 46a BRAO), beantragte der Kläger bei der Beklagten am 17.03.2016 die rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gemäß § 231 Abs. 4 b SGB VI. Er stellte ferner am 31.03.2016 Antrag auf Befreiung als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1
SGB VI.
Die Rechtsanwaltskammer A-Stadt hatte den Kläger mit Bescheid vom 19.07.2016 als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 31.08.2016 ausgehändigt.
Mit Bescheid vom 06.12.2016, der hier nicht streitgegenständlich ist, befreite die Beklagte den Kläger gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für seine Tätigkeit bei der D. Bank ab dem Tag seiner Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, also ab 31.08.2016.
Ferner erließ die Beklagte den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 20.03.2017, mit welchem sie den Kläger rückwirkend zum 01.04.2014 von der Rentenversicherungspflicht befreite. Eine Befreiung ab Beginn der Beschäftigung, also ab 01.03.2014, lehnte die Beklagte hingegen mit weiterem Bescheid vom 20.03.2017 ab mit der Begründung, der Kläger habe für den Monat März 2014 keine einkommensbezogenen Beiträge an das Versorgungswerk bezahlt.
Der Kläger legte Widerspruch ein gegen die Ablehnung der Befreiung für den Monat März 2014. Er wies darauf hin, dass er für März 2014 den Grundbeitrag an die Rechtsanwaltsversorgung bezahlt hätte. Der Grundbeitrag sei ein einkommensbezogener Pflichtbeitrag, wie das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 19. Und 22.07.2016 entschieden habe (Az. 1 BvR 2584/14, 1 BvR 2534/14, jeweils Rn 16 im juris-Dokument). Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Altersvorsorge mit Ausnahme des Monats März 2014 bislang ausschließlich bei der Rechtsanwaltsversorgung zurückgelegt habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2017 zurück. Ihrer Auffassung nach kann nicht von der Zahlung eines einkommensbezogenen Beitrages für den Monat März 2014 ausgegangen werden.
Der Kläger erhob Klage zum Sozialgericht München, eingegangen am 11.07.2017, mit dem Ziel der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für den Monat März 2014.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.2017, mit dem die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für März 2014 abgelehnt wurde, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2017 zu verurteilen, den Kläger wegen seiner ab 01.03.2014 bei der D. Bank als Syndikus Rechtsanwalt ausgeübten Beschäftigung auch für den Monat März 2014 gemäß § 231 Abs. 4 b SGB VI von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akte des Sozialgerichts München und der beigezogenen Rentenversicherungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der angefochtene Bescheid vom 20.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zur Recht abgelehnt, den Kläger für seine Tätigkeit bei der D. Bank im Zeitraum vom 01. bis zum 31.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Voraussetzungen für ei...