Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung. Gutgläubigkeit des Geldinstituts
Orientierungssatz
Die Rechtsauffassung, wonach die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen iS des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 die Gutgläubigkeit des Geldinstituts voraussetzen würde, findet im Wortlaut des Gesetzes keine Entsprechung (entgegen BSG vom 22.4.2008 - B 5a/4 R 79/06 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 6).
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von 94,48 €.
Die Versicherte B. verstarb am 00.00.2014. Die Klägerin zahlte 588,08 € für den Monat Juli 2014 auf das Konto der Versicherten bei der Beklagten (Gutschrift am 30.06.2014). Erst am 07.07.2014 forderte die Klägerin den Betrag erstmalig zurück (über den Rentenservice), obwohl sie bereits am 27.06.2014 Kenntnis vom Tode hatte. Zu diesem Zeitpunkt (07.07.2014) hatte das Konto einen Saldo von -115,59 €. Die Beklagte, die am 03.07.2014 Kenntnis vom Tod der Versicherten erhielt, erstattete der Klägerin 35,08 €. Abzüglich der von der Klägerin anerkannten anderweitigen Verfügungen forderte die Klägerin am 12.08.2014 bei der Beklagten einen Betrag in Höhe von 94,48 € ein. Diese setzten sich gem. der Beklagtenakte aus einer Auszahlung an die C.-GmbH in Höhe von 32,48 € (vom 03.07.2014) sowie an die D. -Versorgungs-GmbH (vom 04.07.2014) zusammen.
Die Beklagte entgegnete am 19.08.2014, dass eine Pflicht zur Rücküberweisung nur dann bestehen würde, wenn über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung nicht bereits anderweitig verfügt wurde und der Anspruch aus einem vorhandenen Guthaben erfüllt werden kann.
Am 24.11.2014 erhob die Klägerin Leistungsklage über den Betrag von 94,48 €. Die Beklagte habe in Kenntnis des Todes am 03.07.2014 und am 04.07.2014 Verfügungen zugunsten Dritter zugelassen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 94,48 € zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des streitigen Betrags.
Unstreitig ist die Rentenzahlung für die verstorbene Versicherte für den Monat Juli 2014 zu Unrecht erbracht. Der zugrundeliegende Rentenbescheid hat nach § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 10 (SGB X) mit dem Tod der Rentnerin seine Erledigung “auf andere Weise„ gefunden. Die Vergünstigung der Rentenzahlung über den Todestag hinaus endet nach § 100 Abs. 3 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI mit dem Ende des Sterbemonats.
Die Beklagte hat unstreitig vor Eingang des Rückforderungsverlangens (vgl. § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI) der Klägerin vom 07.07.2014 bereits anderweitige Verfügungen ausgeführt, die dazu führten, dass auf dem Konto der Beklagten, auf das die überzahlte Rente einging, kein Guthaben mehr vorhanden war. Denn das Konto stand mit -115,59 € im negativen Saldo. Demzufolge besteht nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 118 Abs. 3 S. 3 Halbs. 1 SGB VI keine Verpflichtung der Beklagten zur Rücküberweisung. Die Klägerin muss sich insbesondere an die Erben halten (§ 118 Abs. 4 SGB VI).
Die erkennende Kammer folgt nicht der entgegenstehenden Rechtsauffassung, dass die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen die Gutgläubigkeit des Geldinstituts voraussetzen würde (vgl. KassKomm-Körner, § 118 SGB VI, Rn. 22 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22.4.2008 - B 5a/4 R 79/06 R) . Diese Rechtsauffassung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Entsprechung. Angesichts des insoweit klaren Wortlauts in § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI besteht kein Raum für eine darüber hinausgehende erweiternde Auslegung (vgl zum Wortlaut einer Rechtsvorschrift als Grenze der Auslegung allgemein Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 143 f; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 9. Aufl 2005, S 47 mwN; zum Ausscheiden der Auslegung einer Norm gegen ihren eindeutigen Wortlaut und den erkennbaren entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers zB BVerfGE 98, 17, 45 mwN) . Der Gesetzgeber stellt auf den Eingang des Rückforderungsverlangen ab. Hätte der Gesetzgeber auf die Kenntnis vom Tod abstellen wollen, hätte er dies so formulieren können und müssen. Die Ausführungen des BSG (aaO):
Bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens weiß das Geldinstitut typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht.
vermögen insoweit nicht zu überzeugen. Die Vielzahl an streitigen Fällen zeigt, dass das Geldinstitut gerade nicht "typischerw...