Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. Gesamtvergütung. zeitanteilige Punktmengengrenzen gemäß § 85 Abs 4b SGB 5 bei Abschaffung der Degression zum 10.5.2019. umsatzstärkste Quartale. Abrechnungsquartal. keine Veranlassung zur Aufspaltung von Pauschalleistungen gemäß Nr 119 und Nr 120 EBM-Z

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zeitanteilige (pro-rata-temporis) Punktmengengrenzen (§ 85 Abs 4b SGB V) kommen auch bei der Abschaffung der Degression zum 10.5.2019 zur Anwendung.

2. Unberücksichtigt zu bleiben hat, dass es sich bei den ersten beiden Quartalen eventuell um die umsatzstärksten Quartale handelt.

3. Wird eine Abrechnung für ein Quartal zeitlich nach der vorgegebenen Einreichungsfrist eingereicht, sind die Leistungen dem Abrechnungsquartal und nicht im Leistungsquartal zuzuordnen.

4. Im Zusammenhang mit der Degression besteht rechtlich keine Veranlassung, Pauschalleistungen (BEMA-Nrn 119, 120 (juris: EBM-Z)), für die quartalsweise Abschlagszahlungen gewährt werden, aufzuspalten.

 

Tenor

I. Die Klage wird sowohl im Hauptantrag, als auch im Nebenantrag

abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2020. Aufgrund der Degression wurde das Honorar der Gemeinschaftspraxis im Jahr 2019 um 138.978,72 € gekürzt. Zur Begründung wies die Beklagte auf die generell zur Degression ergangene Rechtsprechung. Diese sei als rechtmäßig anzusehen. Der Gesetzgeber habe die Degression erst zum 10.05.2019 abgeschafft, sodass diese noch bis zu diesem Zeitpunkt gelte, was einem Zeitraum von 130 Tagen entspreche. Soweit der Widerspruchsführer geltend gemacht habe, es entstehe eine Verzerrung, da die Quartale 1/19 und 2/19 erfahrungsgemäß am umsatzstärksten seien, sei dies nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sei, dass die BEMA-Nrn 119 und 120 in die Degressionsberechnung mit einbezogen wurden. Denn eine Unterteilung einzelner BEMA-Ziffern könne nicht erfolgen. Der Gesetzgeber sei befugt, zu pauschalieren, zu generalisieren und zu schematisieren.

Dagegen wurde Klage zum Sozialgericht München eingelegt. Der Prozessbevollmächtigte trug vor, nach den Berechnungen der Klägerseite sei der Kürzungsbetrag um etwa 50 % zu korrigieren. Die Kläger hätten den Abrechnungstermin für das Quartal 4/18 versäumt und die Abrechnung für das Quartal 4/18 erst zusammen mit der Abrechnung für das Quartal 1/19 am 01.04.2019 eingereicht. Hinzuweisen sei grundsätzlich auf § 1 Abs. 1 S. 1 der Degressionsvereinbarung vom 13.10.2010. Die Punktmenge für das Quartal 4/18 sei unrichtigerweise dem Jahr 2019 zugeschlagen worden. Entscheidend sei danach der sogenannte Kalenderjahresbezug. Eine abrechnungszeitbezogene Zuordnung der Punktmengen und nicht eine leistungsbezogene Zuordnung von Punktmengen stehe in krassem Widerspruch zu der Gesetzeslage und der Rechtsprechung der Sozialgerichte. Dies sei willkürlich und verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz. So würden Abrechnungen eines Quartals, die bis zum fünften Werktag des Folgequartals bei der Beklagten eingingen, nicht etwa dem Vorquartal, sondern dem Leistungsquartal zugeordnet. Die Beklagte durchbreche insbesondere für das Abrechnungsquartal 2/19 die eigene Vorgabe einer abrechnungswertbezogenen Zuordnung. Denn obwohl die Abrechnung für das Quartal 2/2019 regelmäßig erst bis zum 05.07.2019 vorliege, unterscheide die Beklagte mit ihrer Zuordnung zwischen dem Leistungszeitraum vom 01.04.2019 bis 10.05.2019 einerseits und dem Leistungszeitraum vom 11.05.2019 bis 30.06.2019 andererseits. Schließlich hätte eine abrechnungswertbezogene Zuordnung zur Folge, dass Zahnärzte, die ihre in den Quartalen 1/19 und 2/19 erbrachten Leistungen erst mit dem Quartal 3/19 am 07.10.2019 abgerechnet hätten, mit ihren in den Quartalen 1 /19 und 2/19 erbrachten Leistungen nicht der Degression unterfallen wären. Ferner sei darauf aufmerksam zu machen, dass die Leistungen nach den BEMA-Nrn 119 und 120 - es handle sich um pauschale Positionen (quartalsweise Abschlagszahlungen) - nur zu 40/91tel angesetzt werden dürften (= 40 Tage vom 01.04.2019 bis 10.05.2019 im Verhältnis zu 91 Tagen vom 01.04.2019 bis 30.06.2019). Von den insoweit angefallenen restlichen 60.955 Punkten seien somit zeitanteilig nur 26.793 Punkte zu berücksichtigen.

In ihrer Stellungnahme wies die Beklagte auf § 2 Nr 1 der Degressionsvereinbarung hin. Danach würden die Punkte dem jeweiligen Abrechnungsquartal zugerechnet, nicht dem Behandlungsquartal. Hypothetische Konstellationen (Abrechnung der Quartale 1 und 2 erst im dritten Quartal 2019) seien für das vorliegende Verfahren irrelevant. Was die BEMA-Nrn 119 und 120 betreffe, sei darauf aufmerksam zu machen, dass eine Aufspaltung einer einzelnen BEMA-Nr nicht möglich sei. Die Leistungen, die nach dem 10.05.2019 erbracht worden seien, seien von der Punktmengenberechnung ausgenommen worden.

In der mündlichen Verhandlung am 23.06.2021 wurde v...

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