Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebskostennachforderung für eine nicht mehr bewohnte Wohnung

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Betriebskostennachforderung handelt es sich auch dann um einen zu deckenden Bedarf und nicht um Schulden, wenn die Wohnung nicht mehr bewohnt wird (vgl BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 50).

2. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass eine Kostensenkungsaufforderung den Umzug veranlasst hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.07.2017; Aktenzeichen B 4 AS 12/16 R)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 01.12.2009 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 04.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2010 sowie des Bescheides vom 22.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2011 verpflichtet der Klägerin zu 1. weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Mai 2010 in Höhe von 90,01 €, dem Kläger zu 2. in Höhe von 91,97 € und dem Kläger zu 3. in Höhe von 92,58 € zu bewilligen und auszuzahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Übernahme einer im Monat Mai 2010 fälligen Betriebskostennachforderung für das Jahr 2009 in Höhe von 274,48 € von dem Beklagten.

Die Klägerin zu 1 ist die alleinerziehende Mutter der minderjährigen Kläger zu 2 (geboren am ...) und 3 (geboren am ...) und lebt mit diesen in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger bezogen im Jahr 2009 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II). Am 19.11.2009 erteilte der Beklagte den Klägern die Zusicherung zum Umzug in ihre derzeit bewohnte Wohnung, nachdem das alte Mietverhältnis in der ... Straße ... vom Vermieter gekündigt worden war (Bl. 261 d. VA.). Am 27.11.2009 zogen die Kläger in die neue Wohnung um (Bl. 263 d. VA.).

Mit Bescheid vom 01.12.2009 bewilligte der Beklagte den Klägern unter anderem Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Mai 2010 wobei auf die Klägerin zu 1 ein Betrag in Höhe von 130,01 €, auf den Kläger zu 2 ein Betrag in Höhe von 87,03 € und auf den Kläger zu 3 ein Betrag in Höhe von 64,03 € entfiel. Die Kläger hatten im Monat Mai 2010 ein Grundmiete in Höhe von 268,07 €, kalte Betriebskosten in Höhe von 136,93 € und Heizkosten bei zentraler Warmwasseraufbereitung in Höhe von 274,48 €. Die Kläger zu 2 und 3 erhielten jeweils Kindergeld in Höhe von 164,00 € und Unterhalt in Höhe von 117,00 €.

Am 11.05.2010 reichten die Kläger die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 beim Beklagten ein, die einen am 17.05.2010 fälligen Nachzahlbetrag in Höhe von 274,48 € auswies (Bl. 293 d. VA.).

Mit Bescheid vom 04.06.2010 lehnte der Beklagte die Übernahme der Betriebskostennachforderung mit der Begründung ab, es handele sich nicht um einen laufenden Bedarf, weil die Wohnung nicht mehr bewohnt sei (Bl. 304a d. VA.).

Hiergegen legten die Kläger am 23.06.2010 Widerspruch ein (Bl. 318 d. VA.).

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2010 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es sei noch keine Entscheidung getroffen worden, ob der nachzuzahlende Betrag als Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen sei, sondern nur eine Entscheidung, ob der Betrag als Zuschuss zu gewähren sei (Bl. 330 d. VA.).

Mit Bescheid vom 22.09.2010 lehnte der Beklagte den nunmehr als Überprüfungsantrag gewerteten Antrag auf Übernahme der Betriebskostenabrechnung ab (Bl. 336 d. VA.).

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.09.2010 und die zugrundeliegende Entscheidung haben die Kläger am 15.10.2010 Klage erhoben (Bl. 1 d. GA.).

Am 25.03.2011 stellten die Kläger einen neuerlichen Antrag auf Überprüfung der Ablehnung vom 22.09.2010 (Bl. 353 d. VA.), den der Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2011 zurückwies (Bl. 355 d. VA.).

Hiergegen legten die Kläger am 20.04.2011 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2011 mit der Begründung zurückwies, dass die Wohnung nicht mehr bewohnt sei (Bl. 5 d. GA des verbundenen Verfahrens S 16 AS 1600/11).

Am 19.07.2011 haben die Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2011 und die zugrundeliegende Entscheidung Klage erhoben (Bl. 1 des verbundenen Verfahrens S 16 AS 1600/11).

Mit Beschluss vom 03.09.2012 hat das Gericht das Verfahren S 16 AS 1600/11 zu dem hiesigen Verfahren verbunden.

Die Kläger sind der Ansicht, die Betriebskostennachforderung sei unabhängig davon, dass die Wohnung nicht mehr bewohnt wird, zu übernehmen.

Die Kläger beantragen,

in Abänderung des Bescheids vom 01.12.2009 unter Aufhebung des Bescheids vom 04.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2010 sowie des Bescheides vom 22.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2011 den Klägern für den Monat Mai 2010 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, da die Wohnung nicht mehr bewohnt sei, handle es sich um Schulden.

Das Gericht hat am 14.03.2013 eine mün...

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