Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Rücknahme einer Klage. Annahme der Klagerücknahme bei Nichtbetreiben des Verfahrens. Anforderung an den Vortrag zur Überprüfung eines angefochtenen Verwaltungsaktes
Orientierungssatz
Hat ein Kläger weder in der Klageschrift selbst noch nach Aufforderung durch das Gericht zum weiteren Betreiben des Verfahrens ausreichend dargelegt, aus welchen konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Kläger eine Rechtswidrigkeit der mit der Klage angegriffenen behördlichen Verfügungen herleitet, so kann nach dem fruchtlosen Verstreichen der in einer Betreibensaufforderung gesetzten Frist von einer Klagerücknahme ausgegangen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich für das Gericht von Amts wegen aus der Klage keine Anhaltspunkte für eine sachgerechte Überprüfung des Verwaltungsaktes ergeben. Dabei stellt die bloße Behauptung eines fehlerhaft berücksichtigten Einkommens im Streit um die Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende keinen konkreten Vortrag zum tatsächlichen oder rechtlichen Grund einer Klage dar.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klagen im sozialgerichtlichen Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 26 AS 613/18 als zurückgenommen gelten und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Ablehnungsentscheidungen des Beklagten hinsichtlich der begehrten Überprüfung von endgültigen Ablehnungs-, Festsetzungs- und Erstattungsverfügungen im Rahmen der Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nach den Bestimmungen des Zweiten Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Vorab ist streitig, ob die Klagen als zurückgenommen gelten.
Nachdem der Beklagte der als Ergotherapeutin selbständig tätigen Klägerin zunächst für verschiedene Zeiträume vorläufig passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II gewährt hatte, verlautbarte er für die verschiedenen Zeiträume im Anschluss endgültige Ablehnungs-, Festsetzungs- und Erstattungsverfügungen, gegen die jeweils kein Widerspruch erhoben worden ist. Den mit Schreiben vom 30. Mai 2017 gestellten Antrag der Klägerin auf Überprüfung dieser sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidungen lehnte der Beklagte mit Bescheiden vom 09. Januar 2017 und vom 06. Juli 2017 ab, die hiergegen erhobenen Widersprüche wies er mit Widerspruchsbescheiden vom 08. März 2018, vom 12. März 2018, vom 13. März 2018, vom 27. März 2018, vom 09. April 2018 sowie vom 11. April 2018 jeweils als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat hiergegen - anwaltlich vertreten - mit bei dem Sozialgericht Neuruppin am 19. April 2018 eingegangenem Schriftsatz vom 17. April 2018 Klagen erhoben. In der Klageschrift führte sie neben der Antragstellung ua aus, dass sich aus den vorliegenden Gewinnermittlungen des Steuerbüros der Klägerin ein tatsächlich niedrigeres Einkommen ergebe als der Beklagte bei seinen Berechnungen berücksichtigt habe. Nach Einnahme von Akteneinsicht werde eine ausführliche Klagebegründung erfolgen.
Mit bei dem erkennenden Gericht am 25. Mai 2018 eingegangenem Schriftsatz vom 23. Mai 2018 hat die Klägerin - anwaltlich vertreten - ihre Klagen erweitert und wendet sich gegen eine weitere ablehnende Verfügung des Beklagten vom 06. Juli 2017 in Gestalt eines weiteren Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 09. Mai 2018, verwies auf seinen Klageschriftsatz und stellte eine weitere Begründung nach Akteneinsicht in Aussicht.
Nachdem die Klägerin - anwaltlich vertreten - Akteneinsicht genommen hatte, bat das Gericht mit Verfügung vom 22. November 2018 um Übersendung der nach erfolgter Akteneinsicht in Aussicht gestellten weiteren Klagebegründung innerhalb von sechs Wochen. Hierauf teilte die Klägerin - anwaltlich vertreten - mit Schriftsatz vom 25. Februar 2019 mit, dass sich die Klagebegründung auf Grund des Aktenumfangs noch etwas verzögern werde. Für die Begründung bedürfe es der Berechnung jedes einzelnen Monats unter Auswertung der Unterlagen.
Das Gericht hat sich sodann mit Verfügung vom 03. Oktober 2019 (gefertigt und abgesandt am 04. Oktober 2019) erneut an die anwaltlich vertretene Klägerin gewandt und ua Folgendes dargelegt:
„[…]
in dem vorbezeichneten sozialgerichtlichen Verfahren fordere ich Sie gemäß § 102 Abs 2 SGG auf, das Verfahren zu betreiben. Bislang haben Sie die Klagen - trotz Ankündigung und Erinnerung - nicht näher begründet und insbesondere nicht dargelegt, aus welchen konkreten Gründen die angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten rechtswidrig sein sollen und wodurch die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein soll, weshalb ich erhebliche Zweifel habe, ob die (vertretene) Klägerin an der Fortführung dieses gerichtlichen Verfahrens noch interessiert ist.
Ich fordere Sie daher auf, die Klagen nunmehr zu begründen.
Ich weise darauf hin, dass die...