Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Neuruppin vom 17.9.2010 - S 18 AS 1063/09 WA, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
1. Der Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 11.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2007 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Anrechnung einer Stromkostenerstattung als Einkommen.
Die 31-jährige Klägerin wohnt zusammen mit ihrer Mutter G. R. (Klägerin des Parallelverfahrens S 18 AS 1063/09 WA ) in einer Dreizimmerwohnung in O. Sie bezieht seit dem 01.01.2005 ununterbrochen Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -.
Am 21.11.2006 stellte die Klägerin einen erneuten Folgeantrag. Der Beklagte bewilligte ihr darauf hin mit Bescheid vom 04.12.2006 Leistungen für den Zeitraum Januar 2007 bis Juni 2007. Die Höhe des Arbeitslosengeldes II betrug monatlich 535,12 Euro.
Am 15.05.2007 reichte die Klägerin die Stromabrechnung der Stadtwerke O. GmbH für das Jahr 2006 beim Beklagten ein. Danach ergab sich für die Klägerin und ihre Mutter ein Guthaben von insgesamt 164,35 Euro. Das Guthaben wurde am 23.02.2007 ausgezahlt.
Der Beklagte hob darauf hin den Bescheid vom 04.12.2006 teilweise auf und gewährte nun mehr mit Änderungsbescheid vom 11.06.2007 für den Monat Februar 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 452,95 Euro. Er rechnete dabei das Guthaben aus der Stromabrechnung in Höhe von 82,17 Euro als Einkommen an. Zugleich forderte er von der Klägerin einen Betrag von 82,17 Euro zurück. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.06.2007 Widerspruch ein.
Der Beklagte hob darauf hin mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2007 den Änderungsbescheid vom 11.06.2007 teilweise auf und gewährte nun mehr für den Monat Februar 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 482,95 Euro. Zugleich forderte er einen Betrag in Höhe von 52,17 Euro zurück. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte gab an, dass das Stromguthaben als Einkommen zu berücksichtigen sei. Der Gesamtbetrag des Guthabens von 164,35 Euro sei dabei zu halbieren und der Anteil der Klägerin von 82,17 Euro um die Versicherungspauschale von 30 Euro zu bereinigen gewesen. Hieraus ergebe sich ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 52,17 Euro.
Mit ihrer Klage vom 05.07.2007 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 24.07.2008 im Hinblick auf das Verfahren des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zum Aktenzeichen B 8 SO 35/07 R ruhend gestellt. Nach Erlass des Urteils vom 19.05.2009 wurde das Verfahren fortgesetzt. Der 8. Senat des BSG hat entschieden, dass Stromkostenerstattungen auf Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - als Einkommen anzurechnen sind.
Die Klägerin macht geltend, dass sie die Stromvorauszahlungen aus der Regelleistung bezahlt habe. Die Anrechnung des Guthabens sei daher rechtswidrig. Es könne zudem nicht zu ihren Lasten gehen, wenn der Stromversorger Vorauszahlungen erhebt, die nicht dem tatsächlichen Verbrauch entsprechen. Die Entscheidung des 8. Senats des BSG zum SGB XII sei im Übrigen auf das SGB II nicht übertragbar.
Die Klägerin beantragt,
den Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 11.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. die Revision zuzulassen.
Er verweist auf seine Bescheide und hält die dort genannte Auffassung weiter Aufrecht. Die Entscheidung des 8. Senats des BSG zum SGB XII könne dabei auf das SGB II übertragen werden. Dem stehe nicht entgegen, dass Stromkosten grundsätzlich aus der Regelleistung zu zahlen seien. Insoweit ergäben sich zwischen SGB II und SGB XII keine Unterschiede. Auch habe der 8. Senat des BSG diesbezüglich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen. Die Auffassung, dass Stromkostenerstattungen anzurechnen sind, werde auch durch die Neufassung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der Fassung ab dem 01.08.2006 gestützt. Dadurch sei ersichtlich, dass der Gesetzgeber von einer Anrechenbarkeit von Stromkostenerstattungen als Einkommen ausgehe. Zudem ergebe sich aus dem SGB II auch kein Belohnungssystem für eine Bedarfsverringerung. Das System der Grundsicherung stelle grundsätzlich ein am jeweils bestehenden Bedarf des Einzelnen orientiertes Leistungssystem dar. Soweit der Einzelne in der Lage sei, seinen Bedarf aus eigenen Mitteln ganz oder teilweise zu decken, sei er hierzu ausdrücklich verpflichtet. Die Nichtanrechnung von Stromkostenerstattungen würde dieses System ad absurdum führen und zur Folge haben, dass trotz geringeren Bedarfs eine über den tatsächlichen Bedarf hinausgehende Alimentation von Hilfebedürftigen stattfände.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die...