Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Klage auf Erstattung von Vorverfahrenskosten. Gegenstand eines Klageverfahrens. keine Einbeziehung eines Widerspruchsbescheids bei Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig

 

Orientierungssatz

1. Ein Widerspruchsbescheid wird nicht Gegenstand eines Klageverfahrens iS des § 96 SGG, wenn dieser keinen der in dem Verfahren streitgegenständlichen Bescheide abändern oder ersetzen kann, weil keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde.

2. Demzufolge wird auch ein Kostengrundanerkenntnis in diesem Widerspruchsbescheid nicht Gegenstand des Klageverfahrens.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für die Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren W 1662/11 in Höhe von 201,50 € zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

 

Tatbestand

Streitig sind die Kostenerstattungspflicht sowie die Höhe der erstattungsfähigen Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Die Kläger wenden sich mit ihrer am 20.08.2015 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015 und begehren die Erstattung der im Widerspruchsverfahren W 1662/11 entstandenen notwendigen Aufwendungen.

Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattungspflicht ab, da das Widerspruchsverfahren W 1662/11 Gegenstand des Klageverfahrens S 14 AS 2620/11 geworden sei.

Von Klägerseite wird vorgebracht, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei der Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.02.2011 gewesen, mit dem für die Zeit vom 01.02.2011 bis 28.02.2011 Leistungen nach dem SGB II endgültig festgesetzt wurden, die zuvor auf der Grundlage des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 08.11.2010 für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011 vorläufig bewilligt worden seien. Gegenstand der am 16.03.2011 unter dem Aktenzeichen S 22 AS 2620/11 erhobenen Klage sei hingegen der Bescheid vom 08.11.2010 in Fassung der Änderungsbescheide vom 13.12.2010 und12.02.2011 und der gegen diese Bescheide unter den Aktenzeichen W 6517/ 10, W 476/ 11 und W 769/11 eingelegten Widersprüche gewesen. Die Klägerseite beruft sich ferner darauf, dass bereits mit dem Widerspruchsbescheid vom 11.05.2011 (Widerspruchsverfahren W 1662/11), mit dem der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde, mit Rücksicht auf die insoweit fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung (Widerspruch) des mit Widerspruch vom 08.12.2010 angegriffenen vorläufigen Bescheides vom 08.11.2011 folgende Kostengrundentscheidung getroffen wurde: „Die im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen werden auf Antrag bei der oben bezeichneten Dienststelle erstattet. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten wird als notwendig anerkannt.“ Streitig sei daher nicht die Kostentragungspflicht als solche, sondern lediglich die Höhe der zu erstattenden angemessenen Aufwendungen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für die Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren W 1662/11 in Höhe von 404,60 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Inhaltlich bezieht sie sich auf die Argumentation in den angegriffenen Bescheiden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren S 24 AS 2620/11 (aufgrund Kammerwechsels vorher S 22 AS 2620/ 11) und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorlagen.

Entscheidungsgründe

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, denn sie haben einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten, allerdings nicht in Höhe der in der Kostennote des Rechtsanwaltes geltend gemachten Ansätze.

Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 63 SGB X i.V.m. dem RVG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten - wie hier - notwendig war. Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

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