Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Erwerbsminderungsrente bei Weigerung des Versicherten, sich begutachten zu lassen
Orientierungssatz
1. Bei vom Versicherten beantragter Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB 6 ist die Frage der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine rein medizinische Fragestellung. Das Gericht bedient sich dabei medizinischer Gutachter. Bei Fehlen aktueller Befundberichte kann das Leistungsvermögen des Versicherten nur durch ein Gutachten geklärt werden.
2. Ist der Kläger zum Untersuchungstermin nicht erschienen und hat er auch keine Entschuldigung vorgelegt, so geht dies zu seinen Lasten. Der Rentenbewerber trägt die objektive Beweislast für die gesundheitlichen Einschränkungen bzw. deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit (BSG Urteil vom 20. 10. 2004, B 5 RJ 48/03 R).
3. Zwar erforscht das Gericht den Sachverhalt nach § 103 S. 1 SGG unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen. Die Beteiligten müssen jedoch ihrer Mitwirkungspflicht genügen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1962 geborene Klägerin stellte einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, welcher am 11.08.2016 bei der Beklagten einging.
Mit Bescheid vom 02.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2017 wurde der Antrag der Klägerin abgelehnt, da die medizinischen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht vorlägen.
Die Klägerin war den Begutachtungsterminen nicht erschienen, so dass sich das ärztliche Votum der Beklagten auf die vorliegenden Befundberichte stützte.
Mit dem am 11.10.2017 von der Beklagten an das Sozialgericht Nürnberg als Klageschrift weitergeleiteten Schreiben der Klägerin vom 31.08.2017, eingegangen bei der Beklagten am 26.09.2017, begehrt diese weiterhin die Gewährung einer Rente.
Trotz wiederholter Aufforderungen durch das Gericht entband die Klägerin ihre behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht, so dass das Gericht keine ärztlichen Befundberichte beiziehen konnte.
Im weiteren Fortgang beauftragte das Gericht Dr. S. mit der Begutachtung der Klägerin und wies darauf hin, dass, sollte die Klägerin den ersten Begutachtungstermin nicht wahrnehmen, ein zweiter Termin zu vergeben sei und, sollte die Klägerin auch diesen nicht wahrnehmen, das Gutachten nach Aktenlage zu erstellen sei. Die Parteien wurden darüber in Kenntnis gesetzt.
In seinem Gutachten vom 06.10.2018 merkte der ärztliche Sachverständige an, dass die Klägerin zu den Begutachtungsterminen am 12.07.2018 und 25.09.2018 nicht erschienen ist und das Gutachten daher nach Aktenlage erstellt werde. Er benannte folgende sozialmedizinisch relevante Gesundheitsstörungen der Klägerin:
- Zustand nach in Subluxationsstellung konsolidierter subcapitaler Humerusfraktur links 11/2015
- Herzinsuffizienz und
- Adipositas
und führte aus, dass auf Wunsch der Klägerin keine operative Revision der in Fehlstellung verheilten Oberarmfraktur links aus dem Jahr 2015 stattgefunden habe. Daher sei davon auszugehen, dass eine hinreichende Restfunktion auch ohne weitere Interventionen gegeben sei. Hieraus ließen sich zwar qualitative Leistungsausschlüsse ableiten aber keine generelle zeitliche Leistungsminimierung. Bezüglich der Herzinsuffizienz gab Dr. S. an, dass weder über kritische Herzrhythmusstörungen oder eine sonstige medikamentös nicht zu kompensierende Problematik berichtet werde, so dass auch hier zu schlussfolgern sei, dass zwar qualitative Leistungseinschränkungen vorliegen aber keine generellen zeitlichen. In der Summe könne auch aufgrund fehlender Mitwirkung der Klägerin nicht erkannt werden, dass das bisher festgestellte sozialmedizinische Leistungsbild fehlerhaft sei. Leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin daher mit qualitativen Einschränkungen täglich 6 Stunden und mehr verrichten.
Das Gericht wies in einem Hinweisschreiben an die Klägerin vom 11.10.2018 auf die fehlende Erfolgsaussicht der Klage, die Möglichkeit einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen und die Absicht des Gerichts über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hin.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2017 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Sozialgerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 11.10.2018 wurde die Parteien zur Entscheidung des Rechtsstreites durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG unter Fristsetzung bis zum 09.11.2018 angehört.
Entscheidungsgründe
Das Sozialgericht Nürnberg ist sachlich und örtlich gemäß §§ 51, 57 SGG zuständig.