Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 57.001,29 € zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 57.001,29 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von berufsfördernden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Versicherte C. in Höhe von 57.001,29 € streitig.

Die 1981 geborene Versicherte hat eine Berufsausbildung als Bäckereifachverkäuferin absolviert und war zuletzt als Helferin in der Reinigung beim Krankenhaus C-Stadt tätig.

Die Versicherte stellte am 30.10.2015 bei der Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, nachdem in einem Gutachten für die Klägerin von dem Arzt M. am 06.10.2015 dargelegt wurde, dass die Versicherte nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig sei, jedoch nicht auf Dauer, und die Werkstattfähigkeit gegeben sei. Die Gesundheitsstörungen wurden bezeichnet als "Paranoide Schizophrenie" und "Leichte Intelligenzminderung".

Die Klägerin teilte der Versicherten am 05.11.2015 mit, dass sie zuständiger Träger für die Rehabilitationsmaßnahmen gem. § 14 Abs. 1 SGB IX (Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch) sei. Mit Schreiben vom 16.11.2015 an die Beklagte übersandte die Klägerin eine Kopie des Antrages auf Rehabilitationsleistungen, wies die Beklagte auf die Bearbeitung des Antrages in eigener Zuständigkeit hin und bat die Klägerin um Prüfung der Voraussetzungen gem. § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI (Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch) wegen eines Erstattungsanspruches.

In einer Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten durch Dr. L. vom 15.01.2016 wurde dann festgestellt, dass die Versicherte ab 30.10.2015 sowohl als Verkaufshilfe als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter drei Stunden täglich leistungsfähig sei und diese Leistungsunfähigkeit wegen der chronischen Leiden auf Dauer bestehe. Mit Schreiben vom 18.02.2016 teilte die Beklagte der Versicherten mit, dass eine Rehabilitationsleistung abgelehnt werde, aber der Antrag als Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gem. § 116 Abs. 2 SGB VI gelte. Diese Feststellung wurde der Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 03.03.2016 ebenfalls mitgeteilt.

Daraufhin bat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 14.03.2016 um eine Stellungnahme zu § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI. Mit Schreiben vom 23.05.2016 wurde erneut von der Klägerin um Beantwortung ihrer Schreiben vom 16.11.2015 und 14.03.2016 gebeten.

Mit Schreiben vom 14.06.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI nicht vorliegen würden, da eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) angezeigt wäre und der Antrag auf Rehabilitationsleistungen in einen Rentenantrag umgedeutet wurde. Der vermeintliche Erstattungsanspruch wurde zurückgewiesen.

Die Klägerin machte daher ihren Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 11.07.2016 dem Grund nach geltend, da die Beklagte zuständig wäre. Die Beklagte antwortete auf dieses Schreiben mit ihrem Schreiben vom 28.07.2016, indem sie auf das frühere Schreiben vom 14.06.2016 verwies.

Am 22.08.2016 bat die Klägerin die Beklagte noch einmal, den Erstattungsanspruch anzuerkennen. Mit Schreiben vom 21.09.2016 erkannte die Beklagte zunächst den Erstattungsanspruch dem Grunde nach an, jedoch mit Schreiben vom 27.10.2016 wurde der Erstattungsanspruch abgelehnt.

Mit Bescheid vom 08.11.2016 bewilligte die Beklagte der Versicherten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2015 auf Dauer aufgrund eines Antrages vom 30.10.2015, wobei die volle Erwerbsminderung bereits seit 14.07.2014 vorliegen würde.

Die Klägerin gewährte der Versicherten vom 16.11.2015 bis 15.02.2018 Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich (1. und 2. Jahr) in der WfbM der Arbeits- und Begegnungsstätten gGmbH in W..

Mit Klageschrift vom 22.12.2016 reichte die Klägerin Klage beim Sozialgericht Nürnberg ein. Es wurde zunächst nur ein Teilbetrag beziffert und im Übrigen eine Feststellung dem Grunde nach beantragt. Mit Schriftsatz vom 12.04.2018 wurde die Klage jedoch endgültig in Höhe von 57.001,29 € beziffert.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 a Nr. 1 SGB VI vorliegen. Im Sinne des § 11 SGB VI sei die Beklagte immer dann zuständiger Rehabilitationsträger, wenn dem Grunde nach ein Rentenanspruch des Versicherten bestehe, auch wenn noch kein Antrag eingegangen oder eine Rente bewilligt worden sei. Entscheidend seien die Feststellungen zur Zeit der Antragstellung, hierzu verweise sie auf verschiedene Entscheidungen des Sozialgerichts Nürnberg.

Die Klägerin beantragt daher sinngemäß,

die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsanspruch in Höhe von 57.001,29 € zu erfüllen und eine entsprechende Zahlung an die Klägerin zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass kein Erstattungsanspruch der Klägerin bestehe, da nach dem Gesetzeswortlaut § 11 Abs. 2a SGB VI nur in den Fällen einschlägig sei, in de...

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